Wer wir sind und was wir wollen
Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Das sind die Grundwerte, an denen sich das politische Denken und Handeln von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten orientiert. Sie stehen für unsere Vision einer Gesellschaft, in der freie Menschen selbstbewusst ihr Leben gestalten können, weil sie teilhaben können am politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben.
Diese Chancengerechtigkeit und Teilhabe wollen wir auch auf kommunaler Ebene.
Die Kreise, Städte und Gemeinden sind die unmittelbarste Ebene von Politik. Hier werden die Lebensumstände der Menschen direkt beeinflusst. Hier werden Teilhabemöglichkeiten geboten oder versperrt, hier wird die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger konkret gestaltet.
Auf der kommunalen Ebene spiegeln sich die gesellschaftlichen Verhältnisse in Bezug auf die Verteilung von Einkommen und Vermögen und damit von Lebenschancen direkt wider: Die Unterschiede zwischen arm und reich in unserer Gesellschaft sind größer geworden. Die Menschen wohnen in unterschiedlichen Stadtteilen und die Kinder gehen auf unterschiedliche Schulen. Einkommen und soziale Herkunft spalten die Gesellschaft auch vor Ort.
Klimawandel und Ressourcenverschwendung bedrohen existenziell unsere Zukunft. In den Städten und Gemeinden gibt es viele, oft noch ungenutzte Handlungsmöglichkeiten für einen nachhaltigen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft. Generationengerechtigkeit heißt für uns, die Lebensgrundlagen für unsere Kinder und Enkelkinder zu erhalten.
Allerdings: Die gesellschaftliche Umverteilung der letzten Jahre von öffentlich zu privat trifft durch die Systematik der Mittelverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden letztere nach wie vor besonders hart. Dies schränkt die Möglichkeiten kommunaler Daseinsvorsorge deutlich ein. Die nach wie vor bei weitem nicht ausreichende kommunale Finanzausstattung verhindert, dass die guten Möglichkeiten kommunaler Präventions- und Teilhabepolitik ausreichend genutzt werden können. Damit wollen wir uns nicht abfinden!
Wir sagen deshalb sehr deutlich: Wir brauchen mehr Geld für öffentliche Aufgaben, gerade in den Städten und Gemeinden. Höhere Steuern für hohe Einkommen und Vermögen sind daher weiter eine Kernforderung sozialdemokratischer Politik.
In den folgenden fünf Kapiteln werden Kernelemente sozialdemokratischer Kommunalpolitik beschrieben, die für uns die Orientierung für konkrete Politikansätze vor Ort sind. Sie machen deutlich: Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten warten nicht auf bessere Zeiten, sondern sehen sich in Verantwortung für politische Gestaltung im Interesse der Menschen, für eine gerechte Gesellschaft und eine lebenswerte Zukunft.
Den Menschen vor Ort soll es gut gehen. Auch in Zukunft. Dafür wollen wir arbeiten.
Lebensqualität vor Ort in Stadt und Land
Zu einem funktionierenden Gemeinwesen gehören der Erhalt und die Weiterentwicklung der kommunalen Daseinsvorsorge. Hierzu zählen wirtschaftliche, kulturelle und soziale Angebote ebenso wie die öffentliche Infrastruktur und gute kommunale Dienstleistungen.
Die Lebensverhältnisse in den Städten und Gemeinden in Minden-Lübbecke entwickeln sich unterschiedlich. In den ländlichen Bereichen nehmen die Angebote der Nahversorgung, die ärztliche Versorgung oder Dienstleistungs- und Beratungsangebote ab. Die Bevölkerung wird älter und damit auch tendenziell weniger mobil. In den dichter besiedelten Bereichen des Kreises sind Versorgung und Angebote besser und ortsnäher, hier ist dafür das Angebot von angemessenem und bezahlbarem Wohnraum teilweise nicht mehr ausreichend. Außerdem leben hier mehr Menschen in sozial schwierigen Lebensverhältnissen.
Nicht trotz, sondern gerade aufgrund der sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Lebensverhältnisse in den Kommunen in Minden-Lübbecke setzen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten auf eine deutlich verstärkte interkommunale Zusammenarbeit; und auf eine gemeinsam begründete, strukturierte und zielorientierte Kreisentwicklung: Gemeinsam getragen vom Kreis und den Städten und Gemeinden.
Als SPD in Minden-Lübbecke wollen wir gute Lebensbedingungen überall im Kreisgebiet. Wir setzen deshalb auf eine gut ausgebaute öffentliche Infrastruktur und eine Arbeitsteilung zwischen den Kommunen und zwischen Stadt und Land. Dazu sorgen wir für gute Mobilität im Kreis und den Ausbau von schnellen Datennetzen, auch und gerade auf dem Land. Das hat für uns eine klare, auch finanzielle Priorität.
Mit einer ortsnahen medizinischen Grundversorgung, erreichbaren spezialmedizinischen Angeboten und einem engmaschigen Netz ambulanter medizinischer Dienste wollen wir die Attraktivität und Lebensqualität unseres Raumes nachhaltig sichern und ausbauen. Unsere Mühlenkreiskliniken sind die Zentren dieser Versorgungsstruktur, wir wollen sie in öffentlicher Trägerschaft weiterführen.
Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen wir hier aktiv gestalten. Die Kernbereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge gehören deshalb in öffentliche Hand. Wo Rekommunalisierung oder öffentliches Engagement möglich ist, nutzen wir die Gelegenheiten, um die Versorgung der Bevölkerung zu verbessern und andere gemeinwohlorientierte Ziele umsetzen zu können.
Gleiche Chancen durch beste Bildung für alle
Die soziale Herkunft hat in unserer Gesellschaft nach wie vor den stärksten Einfluss auf den Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen. Diese ungleichen Startchancen auszugleichen ist daher das grundlegende Ziel sozialdemokratischer Bildungspolitik. Wir wollen gleiche Bildungschancen für Kinder und Jugendliche nach ihren Talenten und Begabungen.
Der frühkindlichen Entwicklung kommt für die späteren Bildungschancen eine besondere Bedeutung zu. Sozialdemokratische Kommunalpolitik sorgt deshalb für ein qualitativ gutes und bedarfsgerechtes Angebot von Kindertagesbetreuung vom ersten bis zum sechsten Lebensjahr, das auch die kognitive Entwicklung der Kinder fördert.
Als Schulträger sind die Kommunen verantwortlich für Gebäude und Ausstattung im Bildungsbereich. Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten setzen hier auch bei knappen kommunalen Kassen einen klaren finanziellen Schwerpunkt. Dabei werden Kinder aus bildungsfernen Familien besonders gefördert. Wir sorgen für eine gute kommunale Bildungsinfrastruktur, die für alle offen und erreichbar bleibt. Dazu gehört auch ein gutes und bedarfsgerechtes Ganztagsangebot als Standard.
Bei der Gestaltung der örtlichen Schul- und Bildungslandschaft leitet uns der Grundsatz eines möglichst langen gemeinsamen Lernens. Dies fördert auch soziale Lernerfahrungen und lässt sowohl Spitzen- als auch Breitenförderung zu. Wir stehen für ein inklusives Bildungssystem, das nicht aussortiert, sondern offen für alle Talente ist und besondere Förderangebote bereithält.
Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen wir alle kommunalen Politikbereiche nutzen, um Familien in ihrer Erziehungs- und Bildungsaufgabe zu unterstützen. Eine gute kommunale Bildungslandschaft umfasst deshalb auch Einrichtungen der Jugendarbeit, des Sportes oder der Kultur. Wir wollen mit einem umfassenden kommunalen Angebot an Bildungsinhalten und Familienhilfen dafür sorgen, dass unsere Kinder und Jugendlichen eine gerechte Teilhabe an Bildungschancen als Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben erhalten.
Als SPD in Minden-Lübbecke wollen wir gute Bildungsangebote für alle Lebensphasen zur Verfügung stellen. Dazu gehört die berufliche Bildung an Kollegs und Hochschulen ebenso wie die Fort- und Weiterbildung. Diese Angebote sind ein entscheidender Standortfaktor, wir wollen sie erhalten, ausbauen und weiterentwickeln.
Gute Arbeit wird auch vor Ort gestaltet
Gute Arbeit heißt für uns: Eine gerechte Bezahlung, von der man leben kann, eine Beschäftigung, die Sinn macht und Sinn stiftet und Arbeitsbedingungen, die nicht krank machen. Tarifbindung muss selbstverständlich sein, Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen begegnen sich auf Augenhöhe.
In vielen Bereichen der privaten Wirtschaft ist das nicht selbstverständlich. Das neoliberale Paradigma der Kostenoptimierung und Profitmaximierung hat dazu geführt, dass menschliche Arbeitskraft entwertet worden ist. Der Niedriglohnsektor ist gewachsen, der Arbeitsdruck hat zugenommen, Arbeits- und Gesundheitsschutz stehen hinten an. Darüber hinaus entziehen sich insbesondere global agierende Konzerne oftmals massiv ihrer Steuerpflicht.
Kommunale Betriebe, Verwaltungen und Beteiligungen müssen hier vorbildlich sein. Sie sind natürlich tarifgebunden und mitbestimmt. Bei der Vergabe von Aufträgen achten sie auf Tariftreue und die Einhaltung sozialer und ökologischer Standards. In Zukunft müssen diese bei der Auftragsvergabe nicht nur gefordert sondern auch überprüft werden.
Die SPD in Minden-Lübbecke setzt daher auf eine Ausweitung und Stärkung von Kommunal- und
Gemeinwirtschaft, auch als Gegengewicht zur Privatwirtschaft. Weitere Privatisierungen insbesondere in den Kernbereichen der kommunalen Daseinsvorsorge lehnt sie entschieden ab. Sie nutzt vielmehr alle Möglichkeiten, Wertschöpfung gemeinwohlorientiert zu organisieren, z.B. durch Rekommunalisierungen.
Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten setzen sich für eine aktive, vorausschauende und bewusste Standort- und Wirtschaftsförderung ein. Sie unterstützen insbesondere kleine und mittelständische Betriebe und sind Partner von engagierten, sozial und ökologisch verantwortungsbewussten und innovativen Unternehmer*innen. Sie setzen sich für eine professionelle und am Interessenausgleich orientierte Planungs- und Genehmigungspraxis auf kommunaler Ebene ein. Sie schaffen gute Rahmenbedingungen für gut ausgebildete Fachkräfte und ihre Familien.
Ein Schlüsselfaktor ist für uns eine zukunftsfähige Verkehrsinfrastruktur. Sie setzt verstärkt auf ressourcen- und klimaschonende Systeme wie Bahn und Wasserstraßen und eine nachhaltige Mobilität von Menschen und Waren.
Der Aufbau eines öffentlich geförderten “sozialen Arbeitsmarktes” in Minden-Lübbecke ist für uns der richtige Weg, um auch denjenigen, die mittelfristig keine Chance auf Integration in den ersten Arbeitsmarkt haben, dauerhaft eine sinnvolle und gesicherte Arbeits- und Erwerbsperspektive zu bieten.
Generationengerecht handeln und die Lebensgrundlagen für uns und unsere Kinder erhalten
Der Schutz der Natur und der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen ist für uns konkreter Bestandteil unserer sozialen Verpflichtung gegenüber unseren Mitmenschen und den nachfolgenden Generationen. Die Menschen im Kreisgebiet haben jetzt und in Zukunft ein Anrecht auf saubere Luft, Wasser, gesunde Böden und Lebensmittel.
Der Klimawandel und das bereits begonnenen Massenaussterben vielen Tier- und Pflanzenarten ist eine existenzielle Bedrohung für die Menschheit. Wir wollen auf kommunaler Ebene unseren Teil dazu beitragen, diese Bedrohung abzuwenden.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen deshalb zu unserer Verantwortung für die Energiewende. Unser weitestgehend ländlich geprägter Kreis gibt uns besonders gute Möglichkeiten regenerative Energiegewinnung durch Windkraft und Solarenergie. Unter Berücksichtigung der Belange von Anwohnern und des Naturschutzes wollen wir hier möglichst alle Potentiale nutzen. Dabei ist für uns klar: Die Energiewirtschaft gehört weitestgehend in öffentliche Hand. Eine Privatisierung von öffentlichen Energieversorgungsunternehmen lehnen wir ab.
Als SPD im Kreis Minden-Lübbecke wollen wir den CO2-Ausstoß im Verkehrsbereich deutlich reduzieren. Wir werden deshalb den ÖPNV ausbauen und die Möglichkeiten der Digitalisierung für eine gute und möglichst emissionsfreie Mobilität nutzen. Wir wollen den Radverkehr am Modal Split kontinuierlich erhöhen und im motorisierten Individualverkehr auf emissionsfreie oder -arme Alternativen (vorwiegend Elektromobilität) setzen. Vor allem in den Städten bedeutet das, dem Radverkehr mehr Verkehrsraum, auch zu Lasten des Autoverkehrs, einzuräumen. Wir setzen und für eine integrierte Verkehrs- und Mobilitätsplanung kreisweit und in Abstimmung mit der Region ein. Die kommunalen Fahrzeugflotten wollen wir so schnell wie möglich auf emissionsfreie oder -arme Alternativen umrüsten.
Lebenswerte Naturräume wollen wir schützen und gleichzeitig durch Menschen geprägte Kulturlandschaften erhalten, um damit Erholungsorte für unsere Bürger und gleichsam Schutzzonen für die heimische Flora und Fauna zu schaffen. Wirtschaftliche, öffentliche Nutzung sowie Umwelt- und Naturschutz schließen sich dabei nicht aus.
Im Kreis Minden-Lübbecke wollen mit unseren Abfällen verantwortungsbewusst umgehen. Die wiederverwertbaren Stoffe müssen weitestgehend wieder in den Wirtschaftskreislauf eingebracht werden. Die Reststoffe werden in unserem Kreis über kurze Strecken transportiert und verantwortungsvoll deponiert. Die Abfallentsorgung ist und bleibt eine kommunale Aufgabe.
Solidarisch zusammenleben und gemeinsam gestalten und entscheiden
Nur eine solidarische Gesellschaft kann eine wirklich demokratische Gesellschaft sein. Das gilt in besonderer Weise für unsere Kommunen, für sichere und lebendige Ortschaften, Wohnquartiere und Stadtteile. In unseren Städten und Gemeinden ist kein Platz für Rassismus und Ausgrenzung. Wir setzen auf ein friedliches und tolerantes Zusammenleben auf der Basis von Respekt und Wertschätzung. Das ist für uns ein Feld von aktiver Politikgestaltung. Wir sorgen für angstfreie öffentliche Räume sowohl durch Präsenz von Polizei und Ordnungsbehörden als auch durch ihre Gestaltung und Nutzung.
Die eigenen Lebensumstände mitgestalten, gleichberechtigt mitbestimmen und mitentscheiden, all das wird auf der örtlichen Ebene unmittelbar erlebbar. Die Zukunft von Freiheit und Demokratie wird ganz maßgeblich in den Städten und Gemeinden gestaltet.
Die SPD im Kreis Minden-Lübbecke setzt sich daher für vielfältige Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger ein. Sie initiiert Formen direkter Mitsprache und gemeinsamer Planung bei kommunalen Projekten von Anfang an.
Eine wichtige Säule des Gemeinwesens ist und bleibt die Gemeinschaft und das Bürgerschaftliche Engagement. Dies wird in besonderem Maße durch die Vereine, Verbände und Institutionen aus den verschiedensten Betätigungsbereichen verkörpert und unmittelbar gelebt. Deshalb wollen wir auch in Zukunft ihre Selbst- und Eigenorganisation fördern und unterstützen. Ehrenamtliches Bürgerschaftliches Engagement braucht die notwendigen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten der Mitgestaltung. Dies gilt auch für die Kommunalpolitik selbst.
Beschlossen im Kreisvorstand: Juli 2019