Während die Zahl der registrierten Erwerbslosen insgesamt in den vergangenen deutlich gesunken ist, erweist sich die Zahl der Menschen im Langzeitbezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (Hartz IV) als sehr statisch. Drei Millionen erwerbsfähige Menschen erhalten seit zwei oder mehr Jahren Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Rechnet man die Kinder hinzu, sind rund vier Millionen Menschen langfristig auf diese Leistungen angewiesen.
Zwar gelingt es den Jobcentern mit hohem Engagement, auch viele Langzeitbezieher zu vermitteln und zu integrieren. Allein in Minden-Lübbecke konnten durch die vielfältigen Maßnahmen und Beratungsleistungen seit 2005 insgesamt etwa 40.000 Menschen in 20.000 Bedarfsgemeinschaften aus dem SGB II-Bezug ausscheiden. Bundeweit ist aber festzustellen, dass von den Langzeitbeziehern immer noch etwa die Hälfte innerhalb eines Jahres wieder in die Grundsicherung zurückkehrt. Daraus folgt: Die Integration der Menschen muss nachhaltiger und möglichst ohne Drehtüreffekte gelingen.
Von 2010 bis 2013 sank die Anzahl der Arbeitslosen in der Grundsicherung für Arbeitssuchende um lediglich 8 Prozent. Im gleichen Zeitraum wurden die Mittel für Fördermaßnahmen aber um etwa 40 Prozent reduziert, von 6,6 Milliarden Euro auf 3,9 Milliarden Euro. Die SPD hat im Koalitionsvertrag durchgesetzt, dass die unter schwarz-gelb reduzierten Fördermaßnahmen jetzt wieder um jährlich 1,4 Milliarden Euro aufgestockt werden sollen. Grundsätzlich bedarf es allerdings einer Umsteuerung, einer Offensive zur besseren Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit.
Um den betroffenen Menschen wirksamer zu helfen, muss für Langzeitarbeitslose innerhalb der Jobcenter ein eigenständiges, passgenaues und leistungsstarkes Fördersystem etabliert werden. Nötig sind flexiblere Strategien und Angebote zur Arbeitsförderung, die langfristig angelegt und individuell abgestimmt werden können. So benötigen Alleinerziehende z.B. andere Hilfen als ältere Menschen oder Menschen mit Migrationshintergrund oder junge Erwachsene ohne Berufsausbildung.
Die Strategien für Menschen, die nur kurze Zeit arbeitslos sind, lassen sich nicht einfach auf Langzeitarbeitslose übertragen. Aktuell sind die arbeitsmarktpolitischen Instrumente der Jobcenter an viele Auflagen seitens des Gesetzgebers und an eher kurze Zeiträume gebunden. Schwer zu vermittelnden Langzeitarbeitslosen kann aus Sicht der Kommunen damit zu wenig geholfen werden. Der Bund sollte den Jobcentern deshalb die Entwicklung flexibler und längerfristiger Strategien zugestehen. Jedes Jobcenter muss für sich und seine unterschiedlichen Leistungsberechtigten individuelle Antworten finden können. Dazu müssen überjährige Finanzmittel in ausreichender Höhe zur Verfügung gestellt werden. Gerade für Langzeitleistungsbezieher ist es in vielen Fällen geboten, flexible Lösungen zu finden, um die erforderlichen Fortschritte zu erzielen und abzusichern.
Nachhaltig sind mehr Finanzmittel des Bundes erforderlich für die Integration und Beschäftigungsförderung erforderlich: Hatte der Bund bei Einführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende noch ein Budget von durchschnittlich 3.200 Euro pro Leistungsempfänger für Aktivierung, Eingliederung und Leistungsgewährung im Jahr veranschlagt, so standen im Jahr 2012 nur noch 1.700 Euro zur Verfügung. Diesen Abwärtstrend muss die neue Regierung stoppen!
Für etwa eine Million Menschen, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhalten, ist eine Vermittlung in den Arbeitsmarkt äußerst schwierig. Viele dieser Menschen sind in ihrer Leistungsfähigkeit dauerhaft und aus objektiven Gründen eingeschränkt. Sie könnten dennoch einen Platz finden, wenn sich zum einen Unternehmen stärker auf ihre Verantwortung besinnen würden und auf Veränderungen einließen und zum anderen das Instrument der öffentlich geförderten Beschäftigung auch außerhalb des ersten Arbeitsmarktes fest etabliert würde.
Die festzustellende Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit und damit verbundene soziale Folgen stellen gerade die Kommunen vor große Herausforderungen. Viele Menschen, die sehr lange nicht mehr Teil der Arbeitsgesellschaft waren, brauchen neben der Vermittlung in Qualifizierungen oder in Arbeit eine intensive und individuell passgenaue Unterstützung. Um Langzeitarbeitslosen mit sozialen und beruflichen Integrationsproblemen Chancen auf Teilhabe in Arbeitsprozessen zu ermöglichen, muss daher auch die öffentlich geförderte Beschäftigung weiterentwickelt werden. Solche Angebote können dazu beitragen, sich dem ersten Arbeitsmarkt wieder anzunähern. Und für Menschen, die dort nicht mehr Fuß fassen können, sind sie eine Alternative zu Ausgrenzung und sozialer Isolation.
Aus Sicht der Kommunen muss zudem bilanziert werden, dass es eine Gruppe schwer zu vermittelnder Langzeitarbeitsloser gibt, für die der erste Arbeitsmarkt unabhängig von bestehenden Fördermitteln und Instrumenten nicht erreichbar ist. Diese Menschen benötigen längerfristige Angebote. Der sich seit Jahren verfestigende Leistungsbezug zeigt, dass viele Menschen auf absehbare Zeit nur ein begrenztes Potenzial für den ersten Arbeitsmarkt haben und dieses auch nur langfristig entwickeln können. Dafür braucht es geeignete Rahmenbedingungen und ein tragfähiges Konzept für öffentlich geförderte Beschäftigung. Denn auf dem regulären Arbeitsmarkt werden viele Langzeitarbeitslose realistischer Weise keinen Job finden.
Zugleich ist festzustellen, dass die strukturell unterfinanzierten Kommunen selbst nicht in der Lage sein werden, diesen sozialen, „zweiten Arbeitsmarkt“ auch nur halbwegs auskömmlich zu finanzieren. So ist z.B. zu begrüßen, dass die Forderung der Mühlenkreis-SPD nach einem eigenständigen, rein kommunal finanzierten Beschäftigungsprogramm auf Kreisebene jetzt realisiert wird. Andererseits unterstreicht das dafür zur Verfügung stehende Volumen, dass ohne eine angemessene Finanzierung durch den Bund keine grundlegende Besserung erreichbar ist.
Beschlossen am: 28.02.2014