Kinder brauchen Perspektiven statt populistischer Parolen!
Der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat heute in einer Aktuellen Stunde über die von der Landesregierung jüngst vorgestellten Studien zur Kinder- und Jugendkriminalität diskutiert.
Hierzu erklärt Christina Kampmann, innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Landtag NRW:
„Kinder- und Jugendkriminalität ist ein ernstzunehmendes Problem, das wir entschieden angehen müssen – aber nicht mit populistischen Parolen, sondern mit wirksamer Prävention und echter Unterstützung für junge Menschen. Zwar lässt sich insgesamt ein Rückgang feststellen, doch gerade bei gefährlichen und schweren Körperverletzungen haben wir erneut einen Anstieg um knapp zehn Prozent. Diese Zahlen sollten uns alarmieren, ohne in Alarmismus zu verfallen. Denn die große Mehrheit der Jugendlichen verhält sich regelkonform und sozial – aber wir dürfen die Entwicklungen, die insbesondere die aktuelle Dunkelfeldstudie der Universität Köln aufzeigt, nicht ignorieren.
Besonders besorgniserregend ist der deutliche Anstieg von Gewaltdelikten und die Abschwächung der Normbindung. Viele Jugendliche sehen kleinere Regelverstöße wie Ladendiebstahl oder Schulschwänzen heute weniger kritisch als noch vor zehn Jahren. Auch das Gefühl, ein Messer bei sich tragen zu müssen, hat zugenommen – meist aus Angst, selbst Opfer zu werden. Das zeigt, wie wichtig Sicherheit, Vertrauen und soziale Bindung für junge Menschen sind.
Die Ursachen für diese Entwicklungen sind komplex. Familiäre und psychische Belastungen spielen eine große Rolle. Besonders erschütternd ist, dass wieder mehr Kinder Gewalt durch ihre Eltern erfahren: Über 20 Prozent der Jugendlichen berichten, mindestens einmal geschlagen worden zu sein – und 12 Prozent sogar mit einem Gegenstand. Das ist ein Anstieg schwerer Elterngewalt um über 130 Prozent seit 2013. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr mich das erschüttert.
Hinzu kommt der Einfluss sozialer Medien. Wenn fast ein Drittel der Jugendlichen angibt, schon einmal ein Enthauptungsvideo gesehen zu haben, und viele täglich mehrere Stunden gewalthaltige Inhalte konsumieren, dann darf uns das nicht kaltlassen. Diese digitale Gewaltkultur hat reale Auswirkungen auf das Verhalten und das Werteverständnis junger Menschen.
Doch von der Landesregierung hören wir bisher nur Problembeschreibungen, aber sehen keine Tätigkeit. Wir als SPD haben konkrete Vorschläge gemacht: Wir wollen Kinder und Jugendliche stärken, ihre Resilienz fördern und Gewaltprävention ernst nehmen. Wir brauchen eine starke Jugendhilfe, gut ausgestattete Schulen mit Schulsozialarbeit und Programme, die elterliche Erziehungskompetenzen gezielt fördern. Wir müssen soziale Räume stärken und Angebote wie Jugendzentren erhalten, statt sie kaputtzusparen – denn Studien zeigen, dass ihre Schließung Jugendkriminalität nachweislich steigen lässt.
Die von CDU und FDP geforderte Absenkung der Strafmündigkeit ist dagegen weder sinnvoll noch wirksam. Sie bekämpft Symptome statt Ursachen und widerspricht der Forschung. Selbst die Studie der Landesregierung enthält dafür keinerlei Empfehlung – wohl aber viele richtige Ansätze, die diese Landesregierung einfach ignoriert.
Wir fordern die Landesregierung auf, endlich ein ganzheitliches Konzept vorzulegen, das Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt stellt, Alternativen zur Inhaftierung schafft und Jugendhilfe-Einrichtungen stärkt – auch mit Ausbildungsperspektiven für straffällig gewordene junge Menschen. Das wäre verantwortliche Politik.“












