Nicht ablenken, Frau Scharrenbach – sozialer Wohnungsbau ist Ländersache

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Anlässlich des heutigen wohnungspolitischen Gipfels der Bundesregierung mit den Ländern in Berlin erklären Sarah Phillip als stellvertretende Vorsitzende und Sebastian Watermeier als wohnungsbaupolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW:

Sarah Philipp:

Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus ist ureigenste Aufgabe und Pflicht der Länder. Das gilt auch für Nordrhein-Westfalen. Doch die Landesregierung kommt dieser Aufgabe immer weniger nach. Seit 2016 ist der soziale Wohnungsbau in NRW um fast 60 Prozent zurückgegangen. Frau Scharrenbach ist damit die erfolgloseste Bauministerin, die das Land je hatte. Deshalb tut sie, was Mitglieder dieser Landesregierung immer tun, um von ihrem eigenen Unvermögen abzulenken: Sie zeigt nach Berlin.

Der Bund hat nach dem Grundgesetz die Kompetenz, die Länder bei der öffentlichen Wohnraumförderung finanziell zu unterstützen. Das tut die Bundesregierung in erheblichem Umfang. So werden den Ländern allein für die Jahre 2022-2027 insgesamt 18,15 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt. Familien erhalten zudem weitere Unterstützung bei der Wohneigentumsförderung. Trotzdem herrscht in Nordrhein-Westfalen aber seit Jahren Stillstand statt Fortschritt.

Das hat jenseits der schwierigen Rahmenbedingungen von Baukostensteigerungen, Inflation und Fachkräftemangel vor allem hausgemachte Gründe. Landeswohnungsbauministerin Ina Scharrenbach und mit ihr Regierungschef Hendrik Wüst haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Ganz im Gegenteil:

  • Mit dem im Sommer ersatzlos ausgelaufenen Förderprogramm NRW.ZUSCHUSS wird der Erwerb von Wohneigentum insbesondere für junge Familien mit Kindern zusätzlich erschwert.
  • Das Versprechen der CDU-geführten Landesregierung, die Grunderwerbsteuer in NRW von 6,5 % wieder zurückzuführen, ist auch nach sieben Jahren nicht eingelöst.
  • Statt die Förderpolitik zur Schaffung öffentlichen Wohnraums zeitgemäß zu gestalten und den Erfordernissen der aktuellen Situation anzupassen, bestimmen Alleingänge der Wohnungsbauministerin, ohne Rückkopplung mit den fachlich zuständigen Akteuren der Bau- und Immobilienwirtschaft sowie mit den Kommunen, das Bild. Frau Scharrenbach sollte daher die geplante Novellierung der Landesbauordnung verschieben, um den bundesseitigen Impulsen nach Vereinheitlichung und Standardanpassung Rechnung zu tragen. Sonst gibt es nachher wieder nur mehr Chaos, wenn das alles in einem Jahr wieder mit der heißen Nadel nachgesteuert werden muss.

Sebastian Watermeier:

Die ständigen Vorwürfe von Ministerin Scharrenbach an die Bundesregierung gehen am Kern der Misere vorbei. Denn dieser liegt in erster Linie in einer gescheiterten Wohnungsbaupolitik der nordrhein-westfälischen Landesregierung selbst. Die Zahl der Sozialwohnungen ist Ende 2022 noch einmal um 7.000 auf 435.000 gesunken. Gleichzeitig wurden im vergangenen Jahr nicht einmal mehr 4.000 neue Einheiten geschaffen. Der Bestand an erschwinglichen Wohnungen frisst sich in NRW zunehmend auf.

Was wir jetzt in NRW dringend brauchen, ist eine Allianz für den gemeinwohlorientierten Wohnungsbau. Politik, Wohnungswirtschaft, Bauunternehmen und Gesellschaft müssen hier an einem Strang ziehen. Unser Konzept für eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft ist dabei mittlerweile längst überfällig. Sie kann als Bestandhalter zum Dreh- und Angelpunkt werden und den gemeinwohlorientierten öffentlichen Wohnungsbau deutlich ankurbeln. Insbesondere für Städte und Gemeinden, die selbst keine eigene Wohnungsbaugesellschaft mehr haben, wäre sie eine echte Unterstützung und könnte mit Ressourcen unter die Arme greifen. Wie so oft, gibt es von Schwarz-Grün aber auch in diesem Bereich keine Bereitschaft zum Handeln und auch keine eigene Initiative. So bleibt es beim bekannten Fingerzeig, der alle Verantwortung von sich weist und inzwischen zum Symbol für Stillstand geworden ist.