Wir lehnen jede Form von Krankenhausschließung ab

Zu den heute von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann vorgestellten Grundzügen einer neuen Krankenhausplanung für Nordrhein-Westfalen, nach denen sich Krankenhäuser künftig auf bestimmte Leistungen spezialisieren sollen, erklärt Josef Neumann, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW:

“Wir appellieren eindringlich an NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, dass er es nicht zu einem Kahlschlag in der Fläche bei den Krankenhäusern kommen lässt. Die Erfahrungen der Pandemie haben uns doch gezeigt, wie wichtig ein flächendeckend funktionierendes Krankenhaussystem ist. Die Krankenhäuser sind ein Teil unserer Daseinsvorsorge.

Es darf nicht allein um die Frage von ökonomischer Effizienz gehen. In der Gesundheitspolitik muss immer der Mensch im Mittelpunkt stehen. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, dass sich einzelne Standorte spezialisieren. Es ist nur die Frage, bis zu welchem Grad. Die Allgemeinmedizin, die Chirurgie und die innere Medizin muss es in jeder Klinik geben. Auch die Kinder- und Jugendmedizin muss flächendeckend vorhanden sein. Es ergibt zwar durchaus Sinn, dass es Spezialzentren für Knie- oder Hüft-Operationen, die Behandlung von Schlaganfallpatienten, Herzzentren, Diabeteszentren oder die Wundbehandlung von Brandverletzungen gibt. Darunter darf aber die Grundversorgung in der Fläche nicht leiden. Jedes Krankenhaus, das in der Fläche wegfällt, wird vor Ort fehlen. Wir lehnen jede Form von Krankenhausschließung ab.

Auch die Argumentation, dass durch die Telemedizin Häuser überflüssig werden, leuchtet nicht ein. Im Gegenteil: Wenn man Telemedizin stärker einsetzt, dann spricht das doch gerade dafür, dass man auch kleinere Häuser in der Fläche erhalten kann. Wenn diese sich bei kniffeligen Fällen Expertise von den größeren Zentren holen können, ist das für mich vielmehr ein Argument für einen Erhalt kleiner und mittlerer Häuser.

Der Minister lässt völlig außen vor, dass wir vor einem demographischen Wandel stehen. Die Menschen werden nicht mehr so mobil sein. Das haben wir doch beispielsweise bei den Impfzentren gesehen. Gleichzeitig wird der Bedarf deutlich steigen. Wird die Gruppe älterer Menschen größer, dann steigt auch der Behandlungsbedarf. Zusätzlich stehen wir vor der Situation, dass viele Hausärzte und niedergelassene Fachärzte demnächst in Rente gehen werden.  Das scheint mir in den Berechnungen von Minister Laumann zu wenig berücksichtigt zu sein. Umso wichtiger ist eine flächendeckende, wohnortnahe Versorgung als Anlaufstelle. Wenn die hausärztliche Versorgung in der Fläche nicht mehr gewährleistet ist und gleichzeitig Krankenhäuser schließen werden, ist eine ganzheitliche Versorgung nicht mehr sichergestellt.

Auch das Argument des Fachkräftemangels greift nicht. Politik hat es doch selbst in der Hand, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass sich mehr Menschen für einen medizinischen Beruf interessieren. Flexible Arbeitszeitmodelle, ein Kitaplatz in der klinikeigenen Kita, die Möglichkeit, für eine gewisse Zeit ein Sabbatical zu nehmen – all das sind Möglichkeiten, mit denen man Menschen davon überzeugen kann, dass der Gesundheitsberuf ein attraktiver ist. Ein viel größeres Problem als zu wenig Berufsanfänger sind diejenigen, die dem System entfliehen. Das ist die eigentliche Herausforderung, vor der wir hier stehen.

Zudem muss diese Ökonomisierung der Krankenhäuser ein Ende haben. Wir müssen Schluss machen mit dem System der Fallpauschalen. Ansonsten lassen sich bald schon die Kinder- und Jugendmedizin, aber auch andere Bereiche gar nicht mehr nachhaltig finanzieren.

Daher werden wir als SPD-Fraktion den Prozess weiter kritisch begleiten.”