Hat die Landesregierung für die Schulen die falschen Tests eingekauft?
Im Zusammenhang mit dem um eine Woche verschobenen Start des Wechselunterrichts an den Schulen will die SPD-Fraktion im Landtag NRW die genauen Hintergründe wissen. Dazu hat ihr stellvertretender Vorsitzender Jochen Ott jetzt eine Kleine Anfrage („Konnte die Landesregierung nicht für eine funktionierende Teststrategie an den Schulen garantieren?“) gestellt.
Er kommentiert wie folgt:
„Auch einen Tag später ist die plötzliche Kehrtwende der Schulministerin für mich immer noch nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil: Es drängt sich der Eindruck auf, als wolle sie die tatsächlichen Hintergründe für die Verschiebung des Wechselunterrichts verschleiern. Die Begründung mit dem Infektionsgeschehen ist jedenfalls in dieser Form nicht plausibel. Welche konkreten Auswirkungen soll die eine Woche des Distanzunterrichts denn auf die Entwicklung des Infektionsgeschehens haben? Und wie passt diese eine Woche mit den von Ministerpräsident Laschet avisierten ,zwei bis drei Wochen‘ des kurzen, aber harten Brücken-Lockdowns zusammen?
Die Entscheidung der Schulministerin steht übrigens im krassen Widerspruch zu ihren Äußerungen, mit denen sie noch kurz vor den Osterferien angekündigt hatte, wie es danach an den Schulen weitergehen soll. Damals sagte sie gegenüber dem WDR: ,Trotzdem dass die Lage weiter dynamisch ist, haben wir gesagt, wir werden nach den Osterferien starten mit dem Modell, mit dem die Schulen jetzt auch schon arbeiten, also sprich: einen Wechsel aus Präsenz- und Distanzunterricht.‘
Die tatsächlichen Hintergründe sind also woanders zu suchen. Und die liegen allem Anschein nach auch in den mangelnden Vorbereitungen für die Testungen an den Schulen. So sollen zum Beispiel die bestellten Testsets für den Schulbetrieb höchst unpraktikabel sein, weil die Lehrkräfte vor Ort für jeden einzelnen Test zunächst den Extraktionspuffer in das dafür vorgesehene Röhrchen füllen müssen. Dadurch können die Tests den Schülerinnen und Schülern auch nicht mit nach Hause gegeben werden. Davon unabhängig konnte die Schulministerin offensichtlich auch nicht in der Breite dafür garantieren, dass die Teststrategie an den Schulen funktioniert. Das hatte der Ministerpräsident aber zur Voraussetzung für die Öffnung der Schulen gemacht. Welche Rolle dessen Vorstöße bei der jetzigen Entscheidung gespielt haben, wird auch noch zu hinterfragen sein.
Laut SchulMail vom gestrigen Tage könne die kommende Woche des Distanzunterrichts an den Schulen insbesondere dazu genutzt werden, ,die verpflichtenden Selbsttestungen in den Schulen vor allem organisatorisch vorzubereiten.‘ Der Distanzunterricht wird auf diese Weise zur Orga-Projektwoche degradiert. Wie dabei parallel Unterricht stattfinden soll, weiß kein Mensch.
Die Landesregierung sollte in dieser Situation jetzt verstärkt auch auf mobile Testteams an den Schulen setzen, wenn sie nicht dafür Sorge tragen kann, dass die Tests von den Schülerinnen und Schüler zuhause gemacht werden. Darüber hinaus ist zu überlegen, ob die negative Testung in der jetzigen Phase nicht sogar in erster Priorität durch eine Teststelle (Bürgertest) nachzuweisen sein sollte.
Wenn die Landesregierung hier jetzt nicht reagiert, werden die Probleme Ende der kommenden Woche dieselben wie in dieser Woche sein.“