Widerstand gegen Trassenneubau Bielefeld-Hannover wächst: SPD-OWL-Abgeordnete schicken Katalog mit 40 Fragen an die Deutsche Bahn

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Die SPD-Landtagsabgeordneten aus Ostwestfalen-Lippe sind enttäuscht und ungehalten über die Deutsche Bahn. Sie kritisieren die Pläne und die Informationspolitik zum Ausbau der ICE-Strecke Hannover – Bielefeld.

Fast täglich erscheinen immer neue Details zu den Planungen und den Trassenvarianten. Neuste Info: Die einzusparenden Fahrzeiten stünden wohl doch noch nicht fest.

Rund um die offizielle Veröffentlichung des Planungsvorhabens der Bahn, regte sich deshalb großer Widerstand. Einzelne Bürgerinitiativen haben mittlerweile über 500 Mitglieder.

Vor allem sehen die „Teutonen“ große Nachteile für die Region. Der vorgegebene Planungsauftrag für eine Neubaustrecke berücksichtige nicht die Alternative eines trassennahen Ausbaus der Bestandsstrecke zwischen Minden und Haste.

Die heimischen Landespolitiker fordern aber seit vielen Jahren einen trassennahen Ausbau, der am kostengünstigsten und umweltverträglichsten wäre. Zudem würde ein Ausbau der bestehenden Strecke ebenfalls Beschleunigung bringen. „Die dadurch eingesparten Milliarden wären besser in der Stärkung des Nahverkehrs eingesetzt“, erklären die OWL-Politikerinnen und Politiker. „Den nutzen jeden Tag deutlich mehr Menschen. Hier muss die Verkehrswende gelingen und hier wäre das Geld auch gut angelegt.“

Um die Bürgerinnen und Bürger zu unterstützen haben die 10 OWL-Abgeordneten nun einen Fragenkatalog entworfen, den Sie an den Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn, Werner Lübberink, geschickt haben.

Sie verlangen schriftliche Antworten zu den dringenden Themen.

Der Fragenkatalog beinhaltet 40 detaillierte Fragen zum Projekt und den Planungsvarianten. Vor allem aber interessieren sich die Abgeordneten dafür, warum der in der Region favorisierte Ausbau der vorhandenen Trasse, nicht in den fünf Planungsvarianten enthalten ist und warum der Ausbau der vorhandenen Strecke nicht forciert wird?

Auch nach den Folgen für heimische Städte wird gefragt. Ferner interessiert die Abgeordneten wie Umwelt-, Naturschutz und Ressourcenverbrauch bei diesem Milliardenprojekt miteinander in Einklang gebracht werden sollen?

Ein Neubau würde zu erheblichen Beeinträchtigungen für die Menschen in OWL führen. Diese Variante zerschneide Natur, Landschaft und Lebensraum. Die Flächenversiegelung wäre enorm. „Die Neubauvarianten sind völlig überdimensioniert“, sind sich die Abgeordneten einig.

Einen Mehrwert hätte die Region bei diesem Milliardenprojekt nicht.

Die Bahn habe hier ausschließlich eine schnellere Anbindung aus dem Rheinland und dem Ruhrgebiet in die Hauptstadt im Blick, nicht aber die Interessen der Bürgerinnen und Bürger.

Der Ausbau der Bahntrasse war in dieser Woche auch Thema im Landtag. Die Teutonen hatten dazu eine aktuelle Viertelstunde im Verkehrsausschuss beantragt:

„Anders als der niedersächsische Verkehrsminister Dr. Bernd Althausmann, spricht sich NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst nicht für einen trassennahen Ausbau der ICE Strecke aus. Ganz im Gegenteil, er bezieht zu keiner der Trassenvarianten Stellung. Verräterisch ist aber seine Meinung zu einer ICE-Fahrtzeit von unter

4 Stunden aus dem Rheinland nach Berlin, um den Flugverkehr zu unterbieten. Vielleicht hat er sich damit doch schon festgelegt?“, vermutet der lippische Abgeordnete Jürgen Berghahn, als Mitglied des Verkehrsausschusses im NRW-Landtag.

Angeblich habe die Bahn keine favorisierte Strecke auserkoren. Die Abgeordneten sind skeptisch – Sie glauben, dass die Attraktivität der Bahn nicht allein durch Schnelligkeit, sondern durch Zuverlässigkeit und Preiskonkurrenz zu anderen Verkehrsarten steigen würde. Zudem stellen Sie in Frage, ob die geplanten Fahrzeitverkürzungen überhaupt realistisch seien: „Gerade im Fernverkehr kommt es derzeit durch technische Störungen im „Betriebsablauf“ zu regelmäßigen Verspätungen. Daher ist es doch fraglich, ob die geplanten Fahrzeitreduzierungen überhaupt eingehalten werden können“, so die OWL-Politikerinnen und Politiker.

„Brauchen wir wirklich eine Fahrzeitverkürzung von 41 Minuten zwischen Düsseldorf und Berlin, die mehrere Milliarden Euro verschlingen würde? Wie viele Züge sind technisch überhaupt im Stande 300 km/h zu erreichen?“

Die Abgeordneten fordern dringend Antworten auf Ihre Fragen und den Austausch mit der Bahn: „Wir erwarten, dass wir von der Deutschen Bahn zeitnah informiert werden und nicht ständig neue Informationen aus den Medien erfahren. Der Ausbau der bestehenden Strecke hat bei uns in der Region bei weitem die größte Unterstützung. Ein fairer, transparenter und ergebnisoffener Dialog ist das Mindeste, was wir in dieser Situation erwarten.“

Fragenkatalog

Grundsätzlich:

1. Warum ist der vom Deutschen Bundestag diskutierte und in der Region OWL favorisierte Ausbau der Bestandsstrecke zwischen Minden und Haste nicht in den Varianten enthalten?

2. Warum wird der Ausbau der vorhandenen Strecke nicht forciert?

3. Warum gibt es nur fünf Planungsvarianten?

4. Wie ist die konkrete Auftragsformulierung an die Fa. Schüßler- Plan?

5. Sind die fünf Planungsvarianten abschließend?

6. Was spricht gegen den Ausbau der Bestandsstrecke?

7. Nach welchen Hauptkriterien wurden die Planungsvarianten erstellt?

8. Was ist unter einem Ausbau der Strecke 1700 zwischen Porta Westfalica – Bielefeld zu verstehen?

9. Was ist unter einem Ausbau der Strecke 1700 zwischen Bad Oeynhausen – Brake zu verstehen?

10. Was bedeutet eine Ein- und Ausbindung Bad Oeynhausen?

11. Welche Folgen hat das für Bad Oeynhausen?

12. Der Deutschland Takt ist auf eine wesentlich reduzierte Fahrzeit ausgerichtet. Wie kommen die Parameter und die Kantenzeiten zustande?

13. Wie erklärt sich die Fahrzeit von 3.32 h Berlin – Düsseldorf?

14. Kann die Fahrzeiteinsparung nicht auch auf anderen Streckenabschnitten erfolgen – oder zum Teil eingefahren werden? Welche Prüfungen sind hierzu bereits erfolgt?

15. Welcher Fahrzeitgewinn „muss“ unbedingt erzielt werden?

16. Ist eine Fahrzeitoptimierung auch durch Fahrplanänderungen bzw. andere technische Abläufe (z.B. Verzicht auf die Kopplung in Hamm) denkbar?

17. Sind die geplanten Fahrzeitverkürzungen überhaupt realistisch? Denn gerade im Fernverkehr kommt es derzeit durch technische Störungen im „Betriebsablauf“ zu regelmäßigen Verspätungen. Daher ist es doch fraglich, ob die geplanten Fahrzeitreduzierungen überhaupt eingehalten werden können? Die Attraktivität der Bahn wird doch nicht durch Schnelligkeit erreicht, sondern durch Zuverlässigkeit und Preiskonkurrenz zu anderen Verkehrsarten.

18. Was versteht die Deutsche Bahn unter der „Ertüchtigung“ der Strecke?

19. Was genau ist unter einem „trassennahen“ Ausbau zu verstehen?

20. Liegt für das gesamte Projekt eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vor?

21. Ist bei der Gesamtbetrachtung eine Abwägung zwischen dem Projekt und den Eingriffen in Natur- und Landschaftsschutz zu Grunde?

22. Wie weit sind bei diesem Bahnprojekt die Bereiche der Nachhaltigkeit, des Umwelt- und Lärmschutzes und des Ressourcenverbrauchs berücksichtigt?

23. Handelt es sich bei den veranschlagten Investitionssummen um die reinen Baukosten?

24. Sind die Kosten für den Grunderwerb-, Entschädigungsleistung, Ausgleichsmaßnahmen pp mit einberechnet?

25. Zu welchem Zeitpunkt sind die genannten Investitionskosten ermittelt worden und ist die Mehrwertsteuer in der Preiskalkulation berücksichtigt?

26. Welche Auswirkungen hat ein Trassenneubau für die vorhandene Strecke im Zuge der Schienenauslastung? Ist dort dann mit einem erhöhten Regional- und Güterverkehr zu rechnen?

27. Wie ist der zeitliche Horizont des Gesamtprojekts?

28. Ist geplant, den regionalen Initiativen ein Budget für ihre Interessenswahrung zur Verfügung zu stellen?

Nahverkehr und Zubringerstrecken:

29. Den Fahrgästen im Fernverkehr, insbesondere zwischen Düsseldorf und Berlin kommt es sicherlich nicht nur auf eine Fahrzeitverkürzung von 41 Minuten an. Vielmehr muss die Gesamtfahrzeit durch einen verbesserten Nahverkehr verkürzt werden. Wie sehen hierzu die Planungen der Deutschen Bahn aus?

30. Welche Projekte (Bahnhöfe, Bahnhalte, Knoten, Zulaufstrecken) sind in Ostwestfalen-Lippe vorgesehen, um den Zubringerverkehr zu verbessern?

31. Welche Strecken des Nahverkehrs sind im Rahmen der Verkehrswende in OWL und im benachbarten Niedersachsen zur Reaktivierung vorgesehen?

32. Welche Finanzmittel sind zur Verbesserung des Nahverkehrs und zur Reaktivierung von Strecken eingeplant?

33. In welchem Zeitfenster sind solche Projekte zur Verbesserung des Nahverkehrs vorgesehen?

Dialogprozess:

34. Wer trifft die Auswahl für das Plenum im Dialogprozess?

35. Welche Fachverbände und Initiativen sollen vertreten sein?

36. Warum ist keine Beteiligung der politischen Repräsentanten aus MdB und MdL vorgesehen?

37. Wie soll die örtliche Kommunalpolitik vertreten und eingebunden werden?

38. Wie wird sichergestellt, dass im Plenum ein ausgewogenes / paritätisches Verhältnis zwischen der Deutschen Bahn und der Region sichergestellt ist?

Technik:

39. Sind die ICE der derzeitigen Generation technisch in der Lage, Geschwindigkeiten bis zu 300 km/h zu fahren und dauerhaft zu erreichen?