Orbán & Co. blockieren im Rat

Europaparlament entscheidet über Instrument gegen rechtsstaatliche Defizite

„Die Europäische Union muss ihre Grundwerte wie Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit besser schützen können“, so Jens Geier, Vorsitzender der Europa-SPD und stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses. „Mit dem neuen Mechanismus will die Mehrheit der Parlamentarierinnen und Parlamentarier die Stabilität des EU-Haushaltes stärken und EU-Mittel vor Missbrauch bei mangelnden rechtsstaatlichen Standards stärken. Allerdings ist die Verweigerungshaltung groß seitens der Regierungen in Polen oder Manfred Webers ungarischem Parteifreund, Viktor Orbán, über diese Fragen auch nur zu diskutieren. Einmal mehr zeigt sich, dass Parlament und Kommission ihre Arbeit erledigen, während der Rat zunehmend dysfunktional wird. Das dürfen sich die proeuropäischen Regierungen nicht länger gefallen lassen.“

Das Parlament schließt mit dem Votum vom Donnerstag, 4. April voraussichtlich formell seine erste Lesung ab, nachdem absehbar geworden ist, dass keine Verhandlungen mit dem Rat zustande kämen. Unter den EU-Mitgliedstaaten wird das Instrument eng verbunden mit der Frage der zukünftigen Ausgestaltung der EU-Haushalte ab 2021.

„Ein funktionierender Rechtstaat ist eine wesentliche Voraussetzung, um sicherzustellen, dass EU-Mittel ordentlich eingesetzt werden“, bestätigt Arndt Kohn, Mitglied des Haushaltkontrollausschusses. „Wo die Unabhängigkeit der Justiz untergraben wird oder Journalistinnen und Journalisten an ihrer Investigativarbeit gehindert werden, steigt das Risiko von Korruption oder Betrug. Mit dem neuen Verfahren können wir neue Anreize schaffen, dass Regierungen stärker gegen die Veruntreuung von EU-Mitteln vorgehen.“

„Wichtig ist, dass wir nicht die Empfängerinnen und Empfänger von EU-Geldern sanktionieren, sondern die nationalen Regierungen. Dass die nationalkonservative PiS-Regierung in Polen etwa die Unabhängigkeit des Justizwesens in Frage stellt, kann nicht Studierenden oder den Landwirtinnen und Landwirten zur Last gelegt werden. Das Parlament hat den Vorschlag der EU-Kommission zusätzlich präzisiert, um jede Belastung für die Endnutzerinnen und -nutzer zu vermeiden“, erklärt Jens Geier.

Nicht allein Prinzipien des Rechtstaats sollen bei dem Verfahren berücksichtigt werden. „Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten fordern, dass auch EU-Länder sanktioniert werden, wenn sie Steuerflucht oder einen unfairen Steuerwettbewerb begünstigen“, so Arndt Kohn, der auch im Sonderausschuss zu Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung (TAX3) arbeitete. „Es ist nur konsequent, dass man den Regierungen dieser Länder die EU-Mittel kürzt. Durch unlautere Steuerpraktiken gehen anderen Mitgliedstaaten Steuereinnahmen in Milliardenhöhe verloren.“