»5-Punkte, um unsere Zukunft zu finanzieren«
Der Landesvorstand der NRWSPD hat in seiner Sitzung am 12. April 2024 »5-Punkte, um unsere Zukunft zu finanzieren« beschlossen. Am 16. April 2024 haben Prof. Dr. Jens Südekum (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf), Achim Post(Vorsitzender der NRWSPD) und Wiebke Esdar (Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD-Landesgruppe im Bundestag) den Beschluss der Presse vorgestellt.
5-Punkte, um unsere Zukunft zu finanzieren
Für Familien, Arbeitnehmer*innen und eine starke Wirtschaft.
Bund und Land stehen vor zentralen Weichenstellungen. Damit Familien wieder die nötige Luft zum Atmen bekommen und die wirtschaftliche Entwicklung Fahrt aufnimmt, braucht es eine dringende Lösung der Bildungs- und Betreuungskatastrophe, eine notwendigen Modernisierung von Wirtschaft, Energie und Infrastruktur, eine Bekämpfung der Wohnungsnot, schnelle Investitionen in den Erhalt und die Modernisierung der sozialen Infrastruktur (vor allem auch Gesundheit und Pflege) und eine tragfähige Lösung der Finanzkrise der Kommunen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund in NRW hat im Jahr 2023 den zusätzlichen öffentlichen Investitionsbedarf ermittelt, der nötig wäre, um den bestehen Investitionsstau in unserem Land anzugehen. Der DGB kommt auf eine Summe von über 15 Mrd. € in jedem Jahr! Dieses Geld ist notwendig, um die Kommunen handlungsfähig und den Verkehr wieder fließend zu machen, um das Leben der Menschen vor Ort einfacher zu gestalten, um den nachfolgenden Generationen eine gute Bildungsinfrastruktur zu hinterlassen, um das Gesundheitssystem auf den Stand der Zeit zu bringen und um Wohnen wieder bezahlbar zu machen. Die Leidtragenden verpasster Zukunftsinvestitionen – die nicht zuletzt durch das Versagen und die Untätigkeit der schwarz-grünen Koalition verursacht und verschlimmert werden – sind auch berufstätige Familien. Umgekehrt werden vor allem sie es sein, die von einer Investitionsoffensive profitieren werden.
Nordrhein-Westfalen braucht moderne Schulen und verlässliche Kitas. Es bracht Bahnen, die fahren, Brücken, die tragen und Krankenhäuser, die gut ausgestattet sind und eine gute gesundheitliche Daseinsfürsorge garantieren. All das muss jetzt finanziert werden, auch über Kredite. Die vor uns liegenden Weichenstellungen sind Generationenaufgaben. Unser Ziel ist es, eine Gesellschaft des Respekts zu schaffen, die nicht nur in der Gegenwart, sondern auch für kommende Generationen Bestand hat.
Mit unseren Impulsen zur zukünftigen Staats- und Landesfinanzierung wollen wir die Frage beantworten, wie diese Investitionen geleistet werden können. Um die notwendigen Investitionen zu mobilisieren, fordern wir:
- Eine Reform der Schuldenbremse
- Einen Investitionsfonds für Infrastruktur und Wirtschaft
- Eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen samt Altschuldenlösung und Stärkung der Investitionsfähigkeit
- Eine gerechte Erbschaftssteuer
- Die Einführung einer Krisenabgabe
1. Wir fordern eine Reform der Schuldenbremse.
Wir brauchen eine Richtigstellung des Begriffs Generationengerechtigkeit: Generationengerechtigkeit bemisst sich nicht in Schulden oder an einer schwarzen Null. Wir vererben unseren Kindern in erster Linie ein Land mit Infrastruktur und gesellschaftlichem Zusammenhalt. Darum ist Generationensolidarität für uns eine Frage der Verteilungs- und Chancengerechtigkeit. Wir sind heute in der Pflicht, ein gutes Bildungssystem, eine starke Wirtschaft und eine funktionierende Infrastruktur für alle zu schaffen.
Vor fast 15 Jahren wurde die derzeit gültige Schuldenbremse im Grundgesetz verankert. Für uns ist klar: Die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form ist ein Relikt vergangener Zeit. Sie bremst die notwendige Modernisierung, sie bremst die nötigen Investitionen, sie bremst den jetzigen Wohlstand und den Wohlstand der nächsten Generationen und ist damit zum Standort- und Wohlstandsrisiko für Deutschland geworden. Wir wollen die Schuldenregeln ändern, damit mehr Investitionen in die Zukunft unseres Landes möglich sind.
Für uns ist klar, dass heute anfallenden Aufgaben weder zu Lasten zukünftiger Generationen verschoben, noch zu ihren Lasten finanziert werden dürfen. An diesem Prinzip halten wir fest. Eine verantwortungsvolle Finanzpolitik trägt dafür Sorge, die Übertragung von finanziellen Altlasten an nachfolgende Generationen zu vermeiden. Investitionen, die vor allem künftigen Generationen Wohlstand und Lebensqualität schaffen, können hingegen sehr wohl zu einem erheblichen Anteil sinnvoll über Kredite finanziert werden. Die Tilgung der Kredite erstreckt sich über die Generationen, die von der Investition profitieren. Die Finanzierungslast liegt somit nicht alleine auf der heutigen Generation, sondern wird über die Zeit gestreckt und gerecht unter den von den Zukunftsinvestitionen profitierenden Generationen verteilt.
Verschiedene Reformvorschläge für die Schuldenbremse liegen jetzt auf dem Tisch. Wir begrüßen diese Vorschläge, bewerten diese nun in Ruhe und wollen für Mehrheiten werben, um kurz- mittel- und langfristig Lösungen zu finden, die Zukunftsinvestitionen in unseren Kommunen und in unserem Land endlich in dem Maße ermöglichen, in dem diese nötig sind.
2. Wir fordern einen Innovations- und Stabilitätsfonds.
Um zusätzliche Mittel für notwendige Investitionen zur Sicherung von Wertschöpfungsketten und Arbeitsplätzen zu mobilisieren, fordern wir gemeinsam mit der SPD-Bundespartei einen Deutschlandfonds, über den Staat und private Investoren gemeinsam in Zukunftsprojekte investieren können. Hierfür gilt es jetzt zügig, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Das Saarland hat mit der Schaffung eines „Transformationsfonds“ bereits eine Vorreiterrolle in der Zukunftsfinanzierung auf Landesebene eigenommen. Wir fordern von Ministerpräsident Wüst, dass NRW ebenfalls eine eigene Gesellschaft gründet, die kreditfinanzierte Investitionen tätigen und Vermögen aufbauen kann. Hierfür schlagen wir einen Innovations- und Stabilisierungsfonds mit einem Volumen von 30 Milliarden Euro vor. Dabei handelt es sich um ein Sondervermögen des Landes Nordrhein-Westfalen, das bei der NRW.BANK angesiedelt und vom Land garantiert wird. Weil der Haushalt kaum belastet wird, fällt der Fonds nicht unter die Regeln der Schuldenbremse.
3. NRW ist am Zug: Für eine gerechte Finanzierung der Kommunen samt Altschuldenlösung und Stärkung der Investitionsfähigkeit
Unsere Kommunen sind die wichtigsten Akteurinnen, um den Menschen in NRW ein Leben mit funktionierender Infrastruktur und öffentlicher Daseinsvorsorge zu garantieren. Hier schlägt das Herz der Zukunftsinvestitionen. Hier geht es um die Straßen im Ort, um die Anschaffung von Fahrzeugen für die Feuerwehr, die Errichtung eines Spielplatzes oder die Sanierung des Schwimmbades. Unsere Kommunen können diese Investitionen nur leisten, wenn sie finanziell handlungsfähig sind. In NRW brauchen die Kommunen darum eine strukturell bessere Finanzausstattung. Schon heute haben zahlreiche der am meisten verschuldeten Kommunen aus eigener Kraft keine Chance, wieder aus der Verschuldungsfalle herauszukommen. In NRW belaufen sich die Altschulden auf etwa 20 Mrd. Euro. Die Wüst-Regierung ist in der Verantwortung, endlich die Handlungsfähigkeit der Kommunen auch über einen größeren Anteil an der Steuerverteilung längerfristig zu sichern.
Deshalb schlagen wir vor, den Anteil der Gemeinden und Gemeindeverbände an den Verbundsteuern in einem ersten Schritt von derzeit 23 Prozent auf zunächst 24 Prozent sowie in einem zweiten Schritt unter Voraussetzungen auf 25 Prozent anzuheben.
Die SPD-geführte Bundesregierung ist zudem bereit, die Hälfte der übermäßigen Liquiditätskredite jener Kommunen zu übernehmen, die sich nicht aus eigener Kraft aus ihrer Situation befreien können. Wir wollen, dass NRW diese ausgestreckte Hand des Bundes ergreift und die andere Hälfte der Entschuldung mit dem Landeshaushalt stemmt. Für eine Beteiligung des Bundes an einer kommunalen Altschuldenlösung bedarf es einer grundgesetzändernden 2/3-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat. Zum Wohle NRWs werben wir für diese und fordern die Union auf, ihre Blockadehaltung gegenüber der Altschuldenlösung endlich zu beenden.
4. Wir wollen die Erbschafts- und Schenkungssteuer modernisieren!
Um die Normalverdiener, die Mittelschicht zu entlasten, unterstützen wir die von der Sozialdemokratie vorgeschlagene Einkommenssteuerreform, die Menschen mit geringen und mittlerem Einkommen entlasten und einen kleinen Prozentteil der allerhöchsten Einkommen dafür stärker belasten würde.
Als zweiten Punkt wollen wir endlich die tiefe Ungerechtigkeit in der Erbschaftssteuer beenden. Wir fordern einen fairen Lastenausgleich in der Finanzierung der staatlichen Zukunftsaufgaben und setzen uns daher für eine faire Erbschaftssteuer zum Wohle der Generationengerechtigkeit ein.
Derzeit zahlen viele Bürger*innen auf vergleichsweise kleine und mittlere Erbschaften hohe Steuern – die Erben von Multimillionär*innen oder Milliardär*innen zahlen oft einen deutlich geringeren Steuersatz. Wir setzen uns für eine effektive Mindestbesteuerung und gerechte Steuersätze ein. Unser Ziel ist es, die zur Reduzierung der Erbschaftssteuer genutzten Steuervermeidungstricks von Multimillionär*innen und Superreichen endlich gesetzlich zu verbieten!
Die Mehreinnahmen aus einer Reform der Erbschaftssteuer wollen wir vor allem für die Bildungsinfrastruktur investieren. So finanzieren die Reichsten der Reichen die Modernisierung der Schulen mit – auch das ist für uns Ausdruck einer gerechten Lastenteilung! Als Ländersteuer kommen die Einnahmen aus der Erbschaftssteuer direkt dem Länderhaushalt in NRW zu Gute.
5. Gerechte Lastenteilung durch eine Krisen-Abgabe für die Reichsten der Reichen
Aus sozialdemokratischer Perspektive ist für uns klar: Arbeitnehmer*innen und ihre Familien, Rentner*innen und junge Menschen haben ihren Beitrag für die Bewältigung der vielen Krisen bereits geleistet. Deshalb muss gerade jetzt gelten: Finanziell starke Schultern müssen mehr tragen als schwache.
Dafür brauchen wir wirksame Instrumente, darum fordern wir eine einmalige solidarische Krisen-Abgabe, die einen starken Gerechtigkeitsimpuls in Krisenzeiten gibt und zugleich zusätzliche finanzielle Spielräume schafft, um die großen Transformationsaufgaben zu bewältigen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sichern.