Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst einer wiedererstarkten Sozialdemokratie.

Das ist bei den sozialen Konflikten dieser Zeit auch kein Wunder. Die konservativen Kommentator:innen trifft das hingegen offenbar unvorbereitet. Soziales hatten die nicht mehr auf dem Schirm. Die waren schon vernarrt in die Träume schwarz-grüner Bündnisse, in denen das Konservative die liberalen Gesellschaftsvorstellungen und individuell nachhaltigeren Lebensweisen junger Menschen integriert. Eine perfekte Symbiose, um die sozialen Fragen vollständig zu verdrängen.

Von daher sind auch die fast panischen Reaktionen auf links ausgerichtete Bündnisse in den Ländern wenig überraschend. Mal abgesehen davon, ob eine Koalition mit der Linken nicht sowieso eher “in der Mitte” steht als eine Koalition mit einem Minister, der bei einem Neonazi eine Waffe kauft, ist es logisch, sich Mehrheiten zu suchen, mit denen man den sozialen Zusammenhalt stärken kann.

Auch für den Bund gilt: Die eilig in manchen Redaktionen zusammengezimmerten Modelle, dass FDP und Grüne ihre Druckmittel nutzen, um gegen eine inhaltlich machtlose SPD mit Kanzleramt ein bisschen liberale Gesellschaftspolitik mit nachhaltigem Anklang zu machen, klappen nicht. Die Ampel wird Verantwortung für das gesamte Land übernehmen. Das heißt: Modernisierung, Klimaschutz und sozialer Zusammenhalt. Nicht gegeneinander ausgespielt, sondern als gemeinsame Leitlinie der Koalition.

Die Chance ist auf jeden Fall da, einen neuen sozialen Zusammenhalt in Kombination mit einer nachhaltigen Modernisierung zu einem großen europäischen Projekt zu machen. Skandinavien, Deutschland, vielleicht bald Österreich, Frankreich, …

Zum Autor: Micha Heitkamp ist stellv. Vorsitzender der Mühlenkreis-SPD und Mitglied im Landesvorstand der NRWSPD