Die SPD braucht ein klares linkes Profil!
An den europaweiten Ergebnissen sieht man, dass die Sozialdemokratie durchaus noch Wahlen gewinnen kann. Dieses katastrophale Ergebnis der SPD ist also kein Naturgesetz, sondern die Konsequenz unserer eigenen Fehler.
Ich bin mir nach wie vor sicher, dass unsere Gesellschaft eine starke Sozialdemokratie braucht. Viele Menschen spüren den Rückzug des Staates und die Übernahme des Marktes in immer mehr Bereichen des Lebens. Für viele äußert sich das als diffuses und schwer zu formulierendes Gefühl der Unzufriedenheit. Diese neoliberale Politik verschmilzt mit 14 Jahren Merkel-Technokratie. Keine großen Würfe, nur kleine Kompromisse. Keine Vision der Zukunft, nur Abarbeiten von Tagespolitik.
Das reicht einfach vielen Menschen nicht mehr aus. Nicht nur bei den jungen Menschen wirkt diese Politik nach Stillstand. Und mit Stillstand wird man Herausforderungen wie das Auseinanderdriften der Gesellschaft, den Klimawandel, die Digitalisierung und die Globalisierung nicht schaffen.
Die SPD wird in dieser Lage kein bisschen als glaubhafte Alternative wahrgenommen. Wie denn auch? Wir sind Teil einer Dauer-GroKo, unser Spitzen-Personal rotiert zwar, erneuert sich aber nicht und wir haben ja noch nicht einmal versucht, in dieser Kampagne ein Profil zu gewinnen. Nein, niemand wählt uns, weil wir die schönsten Europa-Flaggen auf unsere Plakate drucken und weil unsere Spitzenkandidatin ihren Ex-Mann im Erasmus-Jahr kennengelernt hat!
Wir brauchen ein klar erkennbares linkes Profil. Wir müssen die Partei sein, die die Machtfrage in der Wirtschaft wirklich stellt. Wir müssen raus aus dieser Dauer-Verbündung mit den Konservativen. Und wir brauchen Spitzen-Personal, dem man wirklich einen Neuanfang zutraut. Nur, wenn wir all dies schaffen, können wir Stück für Stück verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen.
Zum Autor: Micha Heitkamp ist stellv. Vorsitzender der Mühlenkreis-SPD, Vorsitzender der JusosOWL und war Kandidat der SPDOWL für das Europaparlament.