Justizminister Limbach muss Verdacht der Manipulation ausräumen

Wie das Verwaltungsgericht Münster heute mitteilt, hat es NRW-Justizminister Benjamin Limbach untersagt, die Stelle des Präsidenten bzw. der Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mit der von ihm ausgewählten Bewerberin zu besetzen.

Hierzu erklärt Elisabeth Müller-Witt, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag NRW:

„Dieser Vorgang wird ein politisches Nachspiel haben müssen. Dass ein Gericht einem Justizminister rechtswidriges Verhalten vorhält, dürfte einmalig in der Geschichte unseres Landes sein. Die Tonalität der Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Münster hat es bundesweit in einer solchen Form jedenfalls noch nie gegeben. Minister Limbach muss den Vorwurf der manipulativen Verfahrensgestaltung umgehend ausräumen. Sonst wird es um seine Legitimation nicht mehr gut bestellt sein. Wir werden zu diesem Vorgang eine Sondersitzung des Rechtsausschusses beantragen. Darin wird sich der Minister vollumfänglich erklären müssen.“

Nicht ablenken, Frau Scharrenbach – sozialer Wohnungsbau ist Ländersache

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Anlässlich des heutigen wohnungspolitischen Gipfels der Bundesregierung mit den Ländern in Berlin erklären Sarah Phillip als stellvertretende Vorsitzende und Sebastian Watermeier als wohnungsbaupolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW:

Sarah Philipp:

Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus ist ureigenste Aufgabe und Pflicht der Länder. Das gilt auch für Nordrhein-Westfalen. Doch die Landesregierung kommt dieser Aufgabe immer weniger nach. Seit 2016 ist der soziale Wohnungsbau in NRW um fast 60 Prozent zurückgegangen. Frau Scharrenbach ist damit die erfolgloseste Bauministerin, die das Land je hatte. Deshalb tut sie, was Mitglieder dieser Landesregierung immer tun, um von ihrem eigenen Unvermögen abzulenken: Sie zeigt nach Berlin.

Der Bund hat nach dem Grundgesetz die Kompetenz, die Länder bei der öffentlichen Wohnraumförderung finanziell zu unterstützen. Das tut die Bundesregierung in erheblichem Umfang. So werden den Ländern allein für die Jahre 2022-2027 insgesamt 18,15 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt. Familien erhalten zudem weitere Unterstützung bei der Wohneigentumsförderung. Trotzdem herrscht in Nordrhein-Westfalen aber seit Jahren Stillstand statt Fortschritt.

Das hat jenseits der schwierigen Rahmenbedingungen von Baukostensteigerungen, Inflation und Fachkräftemangel vor allem hausgemachte Gründe. Landeswohnungsbauministerin Ina Scharrenbach und mit ihr Regierungschef Hendrik Wüst haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Ganz im Gegenteil:

  • Mit dem im Sommer ersatzlos ausgelaufenen Förderprogramm NRW.ZUSCHUSS wird der Erwerb von Wohneigentum insbesondere für junge Familien mit Kindern zusätzlich erschwert.
  • Das Versprechen der CDU-geführten Landesregierung, die Grunderwerbsteuer in NRW von 6,5 % wieder zurückzuführen, ist auch nach sieben Jahren nicht eingelöst.
  • Statt die Förderpolitik zur Schaffung öffentlichen Wohnraums zeitgemäß zu gestalten und den Erfordernissen der aktuellen Situation anzupassen, bestimmen Alleingänge der Wohnungsbauministerin, ohne Rückkopplung mit den fachlich zuständigen Akteuren der Bau- und Immobilienwirtschaft sowie mit den Kommunen, das Bild. Frau Scharrenbach sollte daher die geplante Novellierung der Landesbauordnung verschieben, um den bundesseitigen Impulsen nach Vereinheitlichung und Standardanpassung Rechnung zu tragen. Sonst gibt es nachher wieder nur mehr Chaos, wenn das alles in einem Jahr wieder mit der heißen Nadel nachgesteuert werden muss.

Sebastian Watermeier:

Die ständigen Vorwürfe von Ministerin Scharrenbach an die Bundesregierung gehen am Kern der Misere vorbei. Denn dieser liegt in erster Linie in einer gescheiterten Wohnungsbaupolitik der nordrhein-westfälischen Landesregierung selbst. Die Zahl der Sozialwohnungen ist Ende 2022 noch einmal um 7.000 auf 435.000 gesunken. Gleichzeitig wurden im vergangenen Jahr nicht einmal mehr 4.000 neue Einheiten geschaffen. Der Bestand an erschwinglichen Wohnungen frisst sich in NRW zunehmend auf.

Was wir jetzt in NRW dringend brauchen, ist eine Allianz für den gemeinwohlorientierten Wohnungsbau. Politik, Wohnungswirtschaft, Bauunternehmen und Gesellschaft müssen hier an einem Strang ziehen. Unser Konzept für eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft ist dabei mittlerweile längst überfällig. Sie kann als Bestandhalter zum Dreh- und Angelpunkt werden und den gemeinwohlorientierten öffentlichen Wohnungsbau deutlich ankurbeln. Insbesondere für Städte und Gemeinden, die selbst keine eigene Wohnungsbaugesellschaft mehr haben, wäre sie eine echte Unterstützung und könnte mit Ressourcen unter die Arme greifen. Wie so oft, gibt es von Schwarz-Grün aber auch in diesem Bereich keine Bereitschaft zum Handeln und auch keine eigene Initiative. So bleibt es beim bekannten Fingerzeig, der alle Verantwortung von sich weist und inzwischen zum Symbol für Stillstand geworden ist.

Überdurchschnittlicher Wirtschaftseinbruch in NRW muss Weckruf für die Landeregierung sein

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Laut dem Statistischen Landesamt IT.NRW ist die Wirtschaftsleistung in Nordrhein-Westfalen im ersten Halbjahr 2023 um 1,3 Prozent niedriger gewesen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Preisbereinigt fiel der Einbruch des Bruttoinlandsproduktes deutlich stärker aus als mit 0,3 Prozent im Bundesdurchschnitt.

Hierzu erklärt André Stinka, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW:

„Schon seit Monaten mahnen Experten, dass das Investitionsklima in Nordrhein-Westfalen schlecht ist. Die schwarz-grüne Koalition hat aber alle Signale ignoriert und nicht zuletzt auch unsere Vorschläge abgelehnt, die Betriebe in der Energiekrise mit Landesprogrammen zu stabilisieren. Die Folgen sind anhaltende Produktionsstopps vor allem im energieintensiven Bereich und ein Einbruch der Wirtschaftsleistung, der im Vergleich mit den anderen Bundesländern besonders stark ist. Das muss ein Weckruf für die Landesregierung sein.

Vor allem darf sich die schwarz-grüne Koalition nicht darauf beschränken, auf der Suche nach Ursachen und Lösungen wieder nur nach Berlin zu verweisen. Wenn wir heute erfahren, dass aus dem sauerländischen Brilon eine geplante Investition in Höhe von 30 Millionen Euro nach Bayern abwandert, weil ein neuer Erlass der Landesregierung alles verzögerte, dann müssen im Kabinett von Ministerpräsident Wüst doch eigentlich die Alarmglocken läuten.“

Schwarz-Grün verkauft notwendige Korrektur als Wohltat für die Kitas

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Gestern hat die NRW-Landesregierung nach ihrer Kabinettssitzung erklärt, der Tarifabschluss für die Beschäftigten in den Kindertagestätten und die damit einhergehende finanzielle Belastung für die Träger sei für sie „Anlass zum Handeln.“ Sie werde „im Rahmen der Ergänzungsvorlage zum Haushalt 2024 den Ansatz der für 2024/25 geplanten KiBiz-Pauschalen um fast vier Prozentpunkte gegenüber dem Haushaltsentwurf 2024 auf dann fast zehn Prozent erhöhen.“ In der heutigen Fragestunde des Landtags wurde klar, dass es sich hier nicht um eine politische Initiative der Landesregierung handelt, sondern um die bloße Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben aus dem Kinderbildungsgesetz (KiBiz), wie es das Parlament in der vergangenen Legislaturperiode beschlossen hatte.

Dazu erklärt Dennis Maelzer, Sprecher für Kinder, Jugend und Familie der SPD-Fraktion im Landtag NRW:

 „Peinlicher geht es nicht. Dienstags kündigt die schwarz-grüne Landesregierung an, endlich zu handeln und den Ansatz der für 2024/25 geplanten KiBiz-Pauschalen um fast vier Prozentpunkte gegenüber dem Haushaltsentwurf 2024 auf dann fast zehn Prozent erhöhen zu wollen. Mittwochs wird dann klar, dass sie das gar nicht aus freien Stücken vorgeschlagen hat, sondern die gesetzlichen Vorgaben des Parlaments erfüllt. Von der vollmundig angekündigten zusätzlichen Entlastung der Kita-Träger bleibt wenig übrig – wie ein Soufflé, das bei näherem Hinsehen in sich zusammenfällt. Die Träger bekommen mit der schwarz-grünen ‚Kita-Hilfe light‘ also keinen Ausgleich für bereits entstandene Kosten, sondern lediglich, was ihnen ohnehin zusteht.

Familien- und Finanzministerium hatten offensichtlich falsch gerechnet und für die gesetzlich vorgesehene Steigerung der KiBiz-Pauschalen weniger als sechs Prozent einkalkuliert. Das entpuppte sich als deutlich zu gering und musste daher zwangsläufig nach oben angepasst werden. Die schwarz-grüne Landesregierung muss ihre eigene Fehleinschätzung im Haushaltsentwurf für das kommende Jahr korrigieren und verkauft das als Wohltat für die Kitas – das ist schon eine Frechheit. Zumal am Ende nur die völlig unzureichende Einmalhilfe in Höhe von 100 Millionen Euro für Kitas in freier Trägerschaft übrig bleibt. Im Schnitt sind das etwa 12.000 Euro pro Einrichtung. Da reicht das kleine Einmaleins: Damit kann man gerade einmal für vier Beschäftigte die Inflationsausgleichsprämie auszahlen. Eine Diakonie-Studie hatte Verluste von Kita-Trägern von durchschnittlich 460.000 Euro allein in diesem Jahr ergeben.“

Krankenhausfinanzierung: NRW ist mit in der Verantwortung – Landesregierung muss sich NRW-Pakt anschließen

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Die Lage in den Krankenhäusern spitzt sich auch in Nordrhein-Westfalen weiter zu. Hierzu sind Tausende von Beschäftigten heute zurecht vor den Landtag gezogen, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. CDU und Grüne bringen dazu einen Antrag ein, mit dem sie sich für die Refinanzierung hoher Kostensteigerungen der Krankenhäuser einsetzen. Dieser Antrag zur Finanzierung der Krankenhäuser geht in die richtige Richtung, bleibt aber auf halber Strecke bei den Betriebskosten stehen. Die SPD-Fraktion stimmt dem schwarz-grünen Antrag heute zu, fordert aber in einem Entschließungsantrag, auch die Investitionskostenförderung in den Blick zu nehmen und ein „Sofortprogramm Krankenhausinvestitionen“ aufzulegen. Denn hierfür ist die Landesregierung zuständig.

Jochen Ott, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag NRW, erklärt hierzu:

 „Es ist richtig, wenn auch von NRW aus nach Wegen gesucht wird, um Kostensteigerungen der Krankenhäuser in ganz Deutschland auszugleichen. Deshalb stimmen wir dem Antrag der regierungstragenden Fraktionen heute zu. Schwarz-Grün bleibt aber weit hinter dem zurück, was jetzt erforderlich ist. Die Krankenhäuser in NRW leiden nämlich auch unter einem dramatischen Investitionsstau. Inzwischen liegt er in Nordrhein-Westfalen bei etwa 16 Milliarden Euro. Und jedes Jahr wächst dieser Stau um eine weitere Milliarde an. Investitionen in Krankenhäuser zu fördern, ist Aufgabe der Bundesländer. Da Minister Laumann dieser Aufgabe in NRW aber kaum nachkommt, nehmen die Krankenhäuser immer häufiger eigenes Geld für notwendige Investitionen in die Hand. Geschäftsführer von Kliniken schildern, dass dieses Einspringen für die Ausfälle der Landesregierung inzwischen etwa ein Drittel des jährlichen wirtschaftlichen Defizits ausmacht.

Das macht deutlich: Nur mit dem Finger nach Berlin zu zeigen und bei den eigenen Aufgaben weit hinterherzuhinken, wird den Kliniken nicht gerecht. Wir brauchen jetzt dringend ein ,Sofortprogramm Krankenhausinvestitionen‘, um den Investitionsstau zu beseitigen und unsere Kliniken mit moderner Spitzentechnologie auszustatten. Das wäre ein fairer Deal für unsere Krankenhäuser, bei dem alle Partner ihrer Verantwortung gerecht würden. Wir tragen unseren Teil dazu bei. Im Gegenzug kann auch Schwarz-Grün zeigen, dass sie endlich bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.“

ifo Bildungsbarometer belegt: Nirgendwo ist Unzufriedenheit mit Schulsystem so groß wie in NRW

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Wie aus dem heute veröffentlichten ifo Bildungsbarometer hervorgeht, bewerten die Menschen in NRW das Schulsystem „so schlecht wie in keiner anderen Region Deutschlands“. Demnach sehen 80 Prozent den Lehrkräftemangel als ernsthaftes Problem, 73 Prozent beklagen mangelnde finanzielle Mittel, 66 Prozent halten den Zustand der Schulgebäude für sehr problematisch und 61 Prozent sind unzufrieden mit den Lehrrückständen nach Corona.

Hierzu erklärt Dilek Engin, schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Landtag NRW:

„Diese Unzufriedenheit überrascht uns kaum, aber sie wühlt uns immer weiter auf. Die Landesregierung muss endlich aufwachen und eine Kehrtwende einleiten. Wir haben eine massive Lehrerunterversorgung, große Qualitätsprobleme bei den Schülerkompetenzen und eine Schulfinanzierung, die nicht auf der Höhe der Zeit ist. Wir haben Schwarz-Grün schon vor einem Jahr angeboten, gemeinsam einen neuen Schulkonsens zu vereinbaren, in dem wir die größten akuten Herausforderungen für unser Bildungssystem zusammen angehen. Bis heute gibt es dazu aber keine Reaktion.

Was wir jetzt dringend brauchen, ist ein Startchancen-Programm, das sich gezielt an den Bedürfnissen der Kinder orientiert. Das heißt für uns: die Verteilung der Fördermittel muss sich strikt nach einem Sozialindex richten. Außerdem müssen wir den Verschiebebahnhof bei den Zuständigkeiten in der Schulpolitik beenden. Ob Digitalisierung, Inklusion oder der Ganztags-Rechtsanspruch – all das sind Beispiele für Herausforderungen, die nur gemeinsam von Bund, Land und Kommunen bewältigt werden können. Damit die Bildungschancen unserer Kinder nicht länger von der Finanzkraft einer Kommune abhängen, brauchen wir eine grundlegende Neustrukturierung der Schulfinanzierung.

Die Landesregierung hat in dieser Plenarwoche die Chance zu zeigen, dass sie verstanden hat. Unsere Anträge zur Lernmittelfreiheit und für ein OGS-Rettungspaket sind auch eine Einladung zur Kooperation. Wenn Schwarz-Grün keine eigenen Ideen hat, helfen wir ihr gerne nach. Denn eins ist klar: ,Schule muss anders‘ – dazu rufen beim bundesweiten Protesttag am kommenden Samstag Gewerkschaften, Eltern- und Lehrerverbände gemeinsam auf. Der jetzt vorliegende ifo Bildungsbarometer zeigt, dass eine Bildungswende dringend nötig ist.“

Schwarz-grüne Kita-Hilfe ‚light‘ – Landesregierung springt zu kurz

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Die NRW-Landesregierung hat heute angekündigt, dem Landtag in ihrer Ergänzungsvorlage zum Haushaltsgesetzentwurf 2024 eine Überbrückungshilfe für die freien Kita-Träger und einen erhöhten Ansatz bei den KiBiz-Pauschalen vorzuschlagen.

Hierzu erklärt Dennis Maelzer, Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW für Familie, Kinder und Jugend:

„Die schwarz-grüne Landesregierung will dem Landtag vorschlagen, was er auf unsere Initiative hin seit Monaten diskutiert. Die Kitas brauchen dringend zusätzliche finanzielle Unterstützung, damit sie die Tarifsteigerungen auffangen und so zumindest den Status Quo bei den Beschäftigten halten können. Die Landesregierung springt aber mit ihrem Vorschlag zu kurz, eine Überbrückungshilfe in Höhe von 100 Millionen Euro zu Beginn des kommenden Jahres auszuzahlen und dann erst die Kindpauschalen für das Kindergartenjahr 2024/25 zu erhöhen. Auf den monatelangen Druck von Kitas, Trägern und der Opposition reagiert Familienministerin Josefine Paul mit ungenügender Flickschusterei.

Damit die Einrichtungen den Sommer 2024 erreichen und die Träger nicht insolvent gehen, brauchen wir ein echtes Rettungspaket – und das umgehend. Wir werden daher in dieser Plenarwoche im Landtag beantragen, die Erhöhung und die Dynamisierung der KiBiz-Pauschalen auf den Januar 2024 vorzuziehen. Die schwarz-grüne Landesregierung läuft mit ihrer Kita-Hilfe ‚light‘ der Entwicklung nur hinterher. Aber immerhin: Nach Monaten des Stillstands hat sie sich auf unseren Druck hin wenigstens bewegt.“

Gewalt in NRW-Kitas auf dem Höchststand – brauchen dringend unabhängige Studie und Rettungspaket

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Immer häufiger kommt es in NRW-Kitas zu Gewalt. In den ersten sechs Monaten 2023 gab es 782 Meldungen. Das zeigt eine Antwort des NRW-Familienministeriums auf eine Kleine Anfrage von Dennis Maelzer, familienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW.

Hierzu erklärt Dennis Maelzer:

„Die Zahlen zu Kindeswohlgefährdungen steigen in NRW. Diese Meldungen zu Gewalt in Kitas müssen uns alle sehr hellhörig werden lassen. Vor allem die Frage nach den Ursachen muss schnellstmöglich beantwortet werden. Aber die Landesregierung stellt sich nach wie vor gegen unsere Forderung einer unabhängigen Studie, um die Hintergründe aufzuklären.

Während es 2021 noch 702 Meldungen waren, werden für 2022 insgesamt 1.011 Meldungen zu Gewalt und pädagogischem Fehlverhalten in Kitas angegeben. Auch dieses Jahr droht die Zahl erneut zu steigen, sollten die Zahlen so konstant wie in der ersten Jahreshälfte bleiben. 782 Meldungen in Kitas gab es allein im ersten Halbjahr. Knapp 400 Mal davon soll die Gewalt von Erwachsenen ausgegangen sein.“

Rettungspaket für Kitas soll Abhilfe schaffen

„Es ist ein erschreckender Trend, dass bereits das erste Halbjahr 2023 die Zahlen vom gesamten Jahr 2021 überholt hat. Noch erschreckender ist es, dass die Landesregierung diesen hohen Zahlen nicht auf den Grund gehen will und dazu keine Studie in Auftrag geben will“, kritisiert Maelzer die Landesregierung. „Familienministerin Paul selbst gibt individuelle Überforderung und Personalmangel als mögliche Gründe an. Dies wird durch die finanzielle Notlage, in der sich viele Kitas derzeit befinden, noch zusätzlich verschärft.“

Um der angespannten Lage der Kitas in NRW zu begegnen, hatte die SPD-Landtagsfraktion zuletzt ein Rettungspaket in Höhe von 500 Millionen Euro gefordert, um die Tarifsteigerungen aufzufangen. Auch Kitaplätze sollten so erhalten werden. Den Vorschlag hatte die schwarz-grüne Landesregierung im Landtag jedoch abgelehnt. Jetzt wollen SPD- und FDP-Fraktion im kommenden Plenum einen neuen Vorstoß zur Entlastung einbringen.

Dennis Maelzer: „Von der Landesregierung gibt es leider bisher keine Initiative hierzu. Die Leistung von Schwarz-Grün lässt sich daher wie folgt zusammenfassen: Sie tun nichts, zeigen immer nur nach Berlin und wollen auch nichts wissen. Darunter leiden in NRW vor allem Kinder und ihre Familien.“

Landesregierung muss Erlass zur Lese-Rechtschreibstörung umgehend überarbeiten

Am morgigen Dienstag, 19. September 2023, findet im Ausschuss für Schule und Bildung des Landtags von Nordrhein-Westfalen die Anhörung zum Antrag der Fraktionen der SPD und der FDP „Chancengleichheit für Kinder mit Lese-Rechtschreibstörung (LRS) und Rechenschwäche“ (Drucksache 18/4357) statt. Bis heute ist ein 1991 veröffentlichter Erlass für Lese-Rechtschreibstörung in Kraft, der seit dem nicht angepasst wurde. Für Rechenschwäche gibt es in NRW überhaupt keinen Erlass.

Hierzu erklärt Silvia Gosewinkel, Inklusionsbeauftragte der SPD-Fraktion im Landtag NRW:

 „In Nordrhein-Westfalen kann inzwischen jedes vierte Kind in der vierten Klasse nicht richtig lesen, schreiben oder rechnen. Die Situation ist ernst und die Gründe dafür sind vielschichtig. Um in der Gruppe der Betroffenen die Schülerinnen und Schüler mit LRS oder Rechenstörung identifizieren zu können, müssen zunächst die Fachkenntnisse der Lehrkräfte deutlich erhöht werden. Denn wenn Kinder trotz aller Mühen keinen Lese- oder Schreiberfolg erzielen, hat das zusätzliche Auswirkungen auf ihre psychische Gesundheit. Mit dem jetzt gültigen Erlass von 1991 kommen wir hier nicht weiter, er muss umgehend überarbeitet werden.

Im zweiten Schritt brauchen die betroffenen Kinder dann die entsprechende Aufmerksamkeit und eine mindestens teilweise individuelle Förderung. Aktuell werden Eltern häufig an externe Lerninstitute weitergeleitet. Das führt aber zu mehr Chancenungleichheit: Eltern mit einem guten finanziellen Polster können ihre Kinder in professionellen Lernorten fördern lassen; Familien mit weniger finanziellen Spielräumen können das hingegen nicht.

Wir wollen aber, dass jedes Kind in NRW in der Schule Lesen, Schreiben und Rechnen lernen kann – und zwar auch dann, wenn eine LRS oder Rechenschwäche vorliegt. Daher fordern wir neben der Überarbeitung des über 30 Jahre alten Erlasses die Aufnahme des Themas ins Schulgesetz. Ziel ist es, den Kindern mit LRS oder Rechenstörung spezifische Hilfsmittel und Methoden an die Hand zu geben, um Lesen, Schreiben und Rechnen lernen zu können. Die schriftlichen Stellungnahmen der Sachverständigen beinhalten bereits viel Zustimmung. Wir hoffen, dass Ministerin Feller den Expertinnen und Experten gut zuhört und ihrer Verantwortung gerecht wird.

Hintergrund: Gemäß der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leiden Kinder und Jugendliche an einer Lese- und Rechtschreibstörung (LRS), wenn ihre Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten nicht durch externe Faktoren oder eine geringe Intelligenz erklärt werden können. Beim Schreiben und Lesen kommt es zu Buchstabenauslassungen, -hinzufügungen und / oder -vertauschungen. Die genannten Herausforderungen beeinträchtigen nicht nur den Erwerb von Lesen und Schreiben im Deutschunterricht, sondern haben auch Folgen in anderen Fächern. Wenn ein*e Schüler*in eine Textaufgabe in Mathematik aufgrund einer LRS nicht versteht, wird sie oder er die Aufgabe wahrscheinlich auch nicht richtig lösen können.

Gemeinsame Sache für die Rettung unserer Kitas

Die Kitas in NRW stehen vor dem Kollaps. SPD- und FDP-Fraktion im Landtag NRW ziehen zur Rettung der Kitas an einem Strang und reichen hierzu für das kommenden Plenum einen gemeinsamen Antrag ein. Dazu erklären Dennis Maelzer, familienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, und Marcel Hafke, Sprecher der FDP-Fraktion für Kinder, Jugend und Familie:

Dennis Maelzer:
„Die Träger ächzen unter der massiven finanziellen Last, mehr als 1.000 Kitas droht aktuell das Aus. Die Familien bangen um die frühkindliche Bildung und eine verlässliche Betreuung ihrer Kinder. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird massiv in Frage gestellt, wenn wir jetzt nicht endlich handeln. Ein Vorziehen der Kibiz-Revision ist ein weiterer Versuch der demokratischen Opposition, den regierungstragenden Fraktionen die Hand zu reichen. Nun muss sie aber auch endlich ergriffen werden. Wir müssen die Kita-Träger retten, die Kita-Helfer absichern und die Sprach-Kitas erhalten. Nordrhein-Westfalen hat bereits 17 Prozent der Sprachkitas verloren. Weitere Angebote dürfen nicht wegbrechen.“

Marcel Hafke:
„Die Hütte brennt bei den Kitas in NRW. Vor der aktuellen Situation haben die Oppositionsparteien von FDP und SPD die Landesregierung bereits Ende letzten Jahres und danach wiederholt gewarnt. Wenn jetzt nicht schnell etwas passiert, verlieren wir Einrichtungen, Betreuungsplätze und Fachpersonal für unsere Kinder. Das Vorziehen der Dynamisierung ist überfällig und würde endlich die dringend benötigte Stabilität in die Landschaft der frühkindlichen Bildung in NRW zurückbringen. Kita-Helfer und die Sprach-Kitas brauchen eine klare Perspektive für ein belastbares Kita-System. Handelt Ministerin Paul jetzt nicht, muss die Angelegenheit Chefsache werden und der Ministerpräsident eingreifen.“