Nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts gibt es keinen Grund mehr abzuwarten – Verjährung für Erschließungsbeiträge muss kommen

Zur heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach fehlende Verjährungsregelungen für Erschließungsbeiträge im Landesrecht verfassungswidrig sind, erklärt Stefan Kämmerling, kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW:

„Mit dem heutigen Urteil des Bundesverfassungsgericht wird bestätigt, was alle Expertinnen und Experten erwartet haben: Die fehlenden Regelungen im Landesrecht für eine Verjährung von Erschließungsbeiträgen ist verfassungswidrig. Nach der Entscheidung zur Regelung in Rheinland-Pfalz muss es jetzt auch in NRW zügig eine Gesetzesänderung vorgelegt werden.

In NRW gibt es ebenfalls keine Verjährungsregelung für Erschließungsbeiträge. Auch hier müssen Menschen teilweise über hundert Jahre nach dem Bau einer Straße mit einem Bescheid über die Ersterschließung rechnen.

Die heutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war absehbar. Deshalb haben wir im letzten Jahr bereits einen Antrag mit einem konkreten Vorschlag für eine Verjährungsregelung eingebracht. Bislang haben sich die regierungstragenden Fraktionen von CDU und FDP auf das fehlende Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezogen und unseren Antrag abgelehnt. Jetzt ist dieser Verzögerungsgrund jedoch hinfällig.

Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie nun schnell eine Verjährungsregelung auf den Weg bringt. Denn das Problem betrifft in manchen Kommunen mehr als die Hälfte der vorhandenen Straßen und bedeutet für sehr viele Anliegerinnen und Anlieger existenzgefährdende Forderungen.

Unser Vorschlag liegt dabei weiterhin auf dem Tisch. Wir wollen eine Verjährung vergleichbar der bayerischen Regelung, wonach 20 Jahren nach Eintritt der Vorteilslage, spätestens aber 25 Jahre nach Baubeginn eine Verjährung eintritt.“

* * *

Hintergrund:

Wird in Deutschland eine neue Straße gebaut und die daran angrenzenden Grundstücke hierdurch erstmalig erschlossen, werden Erschließungsbeiträge fällig. Mit diesen müssen sich die Anlieger an den Kosten des Straßenbaus beteiligen. Die Beiträge für die Erschließung sind grundsätzlich gerechtfertigt, da ohne die Straße das Grundstück nur eingeschränkt nutzbar wäre und sich der Wert des Grundstücks wesentlich erhöht.

Allerdings gibt es nicht selten die Fälle, bei denen die gebaute Straße teilweise über Jahrzehnte nicht abgerechnet wird. In Fällen, in denen die rechtliche Widmung der Straße nicht erfolgt ist, beginnt auch keine Verjährung. Straßen können also auch noch nach über hundert Jahren abgerechnet werden – was auch geschieht.

Diese Situation betrifft mehrere zehntausend Straßen in NRW. In manchen Kommunen ist die Mehrzahl der Straßen nicht abgerechnet worden. Nun hat das Bundesverfassungsgericht diese Konstellation für verfassungswidrig erklärt.