SPD will Kommunen zum Konjunkturmotor machen

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Die SPD will Städte und Gemeinden in der Corona-Krise helfen und viele von erdrückenden Altschulden befreien. Das ist wichtig, wenn die Wirtschaft wieder anspringen soll. Denn: Der größte Teil der öffentlichen Investitionen wird von den Kommunen geleistet.

Allein in den vergangenen Wochen mussten die Städte und Gemeinden einen Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen von fast 12 Milliarden Euro verzeichnen. Geld, das fehlt, wenn es um Kitas, Schulen, um den öffentlichen Nahverkehr oder Stadtentwicklung geht. Hinzu kommt, dass viele Kommunen schon vor der Corona-Krise – beispielsweise durch einen regionalen Strukturwandel – schon so stark verschuldet waren, dass sie bestenfalls noch die Zinsen der Kassenkredite bedienen konnten.

„Unser Lebensalltag findet in den Städten und Gemeinden statt. Wenn deren Chancen, eine solide Grundversorgung anzubieten und für ein lebenswertes Wohnumfeld zu sorgen, immer krasser auseinanderfallen, gibt es auch keine Chancengleichheit für die Bürgerinnen und Bürger“, sagte der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Für starke Kommunen

Die Übernahme der kommunalen Altschulden durch Bund und Länder sei „schon lange geboten. Sie wäre schon vor Corona richtig gewesen. Jetzt ist sie noch richtiger“, begrüßte der SPD-Chef den von Finanzminister Olaf Scholz vorgeschlagenen Rettungsschirm für Kommunen. „Vor allem die vom wirtschaftlichen Wandel gebeutelten Städte und Gemeinde haben zwar riesige Schulden, aber keine Schuld daran. Sie kommen aus dem Teufelskreis von Langzeitarbeitslosigkeit und hohen Sozialausgaben, Finanzschwäche und in der Folge steigenden Gemeindeabgaben und Schulden nicht allein heraus.“

Eine Wende könne nur mit der Übernahme der Schulden durch Bund und Länder gelingen. „Das gilt umso mehr, als die extremen Einbrüche der kommunalen Steuereinnahmen in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise immer mehr Gemeinden in die totale Handlungsunfähigkeit treiben.“

Finanzminister Olaf Scholz will in einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Bund und Ländern einen 57-Milliarden schweren Rettungsschirm für Städte und Gemeinden starten. Das Ziel: Die Handlungsfähigkeit der Kommunen angesichts von milliardenschweren krisenbedingten Steuerausfällen sichern und besonders hoch verschuldete Kommunen von ihren Altschulden befreien. Das Paket enthält neben der Kreditübernahme in Höhe von 45 Milliarden Euro auch eine Kompensation der Corona-bedingten Gewerbesteuerausfälle von 11,8 Milliarden Euro.

Scharfe Kritik an Union

Scharf wies SPD-Chef Walter-Borjans Kritik an den Vorschlägen zurück: Wenn CDU und CSU und das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg sich jetzt querlegten, „zeugt das nicht nur von Geschichtsvergessenheit, wie viel die Solidarität der ehedem reichen Kohle- und Stahlregionen zum Aufbau der Bundesrepublik beigetragen hat“, sagte Walter-Borjans. „Es zeugt auch von Ignoranz gegenüber der Tatsache, dass eine geteilte Republik die wirtschaftliche und soziale Stabilität des ganzen Landes gefährdet.“

Das Altschuldenprojekt sei „nicht nur ein dramatischer Appell der SPD und ihres Bundesfinanzministers an die nationale Solidarität. Die insgesamt 57 Milliarden Euro sind auch ein schnell wirksames Konjunkturprogramm“, betonte Walter-Borjans. Viele der am stärksten gebeutelten Kommunen würden nicht nur unter einer maroden Infrastruktur und zunehmenden Problemräumen leiden. Damit einher gingen auch schlechtere Bus- und Bahnverbindungen und unattraktiver werdende Stadtbilder und fehlende Sozial-, Kultur- und Sportangebote. Hier wären gezielte Zuschüsse für die Kommunen besonders schnell konjunkturwirksam.

Kommunen in der Altschuldenfalle

In Städten und Regionen mit hohen Schulden leben nach Einschätzung des Deutschen Städtetags zehn Millionen Menschen. Hier ist die Kreditlast laut Kommunalem Finanzreport der Bertelsmann Stiftung besonders hoch: In Nordrhein-Westfalen bei 1343 Euro je Einwohner, in Rheinland-Pfalz bei 1812 Euro und im Saarland sogar bei 2070 Euro.

Etwa 2000 Kommunen im gesamten Bundesgebiet sind mit Kassenkrediten so hoch belastet, dass allein die Bedienung der Zinsen eine unlösbare Situation sei, geht aus dem Finanzreport hervor.

Städtetag „sehr erleichtert“ über Scholz’ Pläne für Finanzschirm

Zustimmung für den Altschuldenfonds kam aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland und dem bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen sowie vom Deutschen Städtetag. „Der Vorschlag kommt zur rechten Zeit, bevor die Unsicherheit wächst und bevor die Kommunen ihre Haushaltsplanung für das nächste Jahr anpacken müssen“, sagte der Präsident des Städtetags, der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung, am Samstag.

„Die Kommunen sind das Fundament unseres Staates. Hier spielt sich das Leben der Menschen ab, hier geht es um den gesellschaftlichen Zusammenhalt, hier werden Investitionen in unsere Zukunft gesichert“, betonte Jung.