Sebastian Hartmann: „Scholz kommunaler Solidarpakt ist die Rettung des sozialen Friedens und bringt endlich den von uns geforderten Schuldenschnitt“

Durch die Corona-Krise sind viele Städte und Gemeinden in extreme Finanznot geraten. Deshalb will Bundesfinanzminister Olaf Scholz einen kommunalen Schutzschirm aufspannen – in Höhe von fast 57 Milliarden Euro. Der Solidarpakt soll auch die Altschulden der Kommunen abdecken.

Dazu erklärt NRWSPD-Landeschef Sebastian Hartmann:

„Viele Städte und Gemeinden hat die Corona-Krise in massive Finanznot gebracht. Deshalb ist der jetzt vorgeschlagene „kommunale Solidarpakt 2020“ von Bundesfinanzminister Olaf Scholz genau der richtige Weg. Mit den 57 Milliarden Euro soll der Schutzschirm auch endlich die Altschulden der Städte und Gemeinden abdecken. Das wäre dann unsere lange geforderte Stunde null. Ich fordere den Schuldenschnitt schon sehr lange. Nur wenn unsere Kommunen von der drückenden Finanzlast befreit werden, können sie wieder stark und handlungsfähig werden. Mit dem kompletten Schuldenschnitt bringen wir die Kommunen durch die aktuell schwierige Situation und versetzen sie vor allem auch dauerhaft in die Lage, dass sie ihre Aufgaben auch in Zukunft noch besser erledigen können. Deshalb haben wir diesen Schuldenschnitt bereits in unserem „Solidarpakt Zukunft“ gefordert.

Jetzt in der Corona-Krise hat sich die Finanznot der Kommunen weiter verschärft. Deutschlandweit sollen Gewerbesteuern knapp zwölf Milliarden Euro wegfallen. Das macht sich vor allem auch in unseren Städten und Gemeinden bemerkbar. Wenn bisher schon Geld für Schulen, Bibliotheken, Straßen und Plätzen sowie Schwimmbädern und auch kommunalen Krankenhäusern gefehlt hat, wird die Geldnot nun noch größer. Die Kommunen sind jedoch das Fundament unserer Demokratie und unseres Staates. Dort spielt sich das Leben der Menschen ab. Dort müssen wir uns um den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den sozialen Frieden kümmern. Dort werden die Investitionen in unsere Zukunft gesichert. Wozu für uns ganz klar vor allem die Bildung unserer Kinder zählt.

Nicht erst mit dem jetzt vorgelegten Vorschlag von Olaf Scholz wird deshalb umso deutlicher: Es ist eben nicht egal, wer in Stadt, Land und im Bund regiert. Wir als Sozialdemokraten zeigen gerade auch jetzt in der Krise: Wir dürfen und werden nicht zulassen, dass die finanziellen Folgen der Pandemie ausgerechnet auf die abgewälzt werden, die heute schon besonders zu leiden haben: Arbeitnehmer*innen, Mieter*innen, Soloselbständige und viele andere mehr. Solidarität und Gerechtigkeit ist unser Maßstab auch für die Steuer- und Finanzpolitik. Für uns gilt, dass starke Schultern mehr als schwachen tragen können und tragen müssen. In den neoliberalen Hinterzimmern hingegen wird schon eifrig über den Abbau sozialer Leistungen debattiert. Doch wir setzen stattdessen auf eine Abgabe auf Vermögen von mehr als zehn Millionen Euro, eine Anhebung des Spitzensteuersatzes, die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und eine weitergehende Reform der Erbschaftssteuer. Darum streiten wir auch unermüdlich weiter um die vereinbarte Einführung der Grundrente ab 1.1. 2021. Darum kämpfen wir seit Monaten um ein echtes Schutzschild für unsere Städte und Gemeinden. Denn das Fundament unseres Staates droht durch den Absturz der kommunalen Steuereinnahmen ins Wanken zu geraten. Das müssen wir mit vereinten Kräften verhindern. Umso besser und wichtiger ist das deutliche Signal von Olaf Scholz. Nun ist allerdings auch die schwarz-gelbe Landesregierung in Nordrhein-Westfalen gefordert. Jetzt gilt es nicht länger zu zögern oder weiterhin zu verhindern, sondern schnell und entschlossen zu handeln. Der Schutzschirm für die Kommunen liegt zum Greifen und Helfen nah auf dem Tisch. Ministerpräsident Armin Laschet muss die Bundesfinanzhilfe nun nur noch mit Landesgeld aufstocken. Jetzt kann Armin Laschet erstmals wirklich an seiner NRW-Visitenkarte arbeiten.

Alles steht und fällt mit der Stärkung und Entlastung der Kommunen, das ist ein zentraler Bestandteil des „Solidarpakt Zukunft“. Bund und Land NRW müssen das gemeinsam angehen. In NRW gibt es zudem Belastungen, die die schwarz-gelbe Landesregierung trotz vollmundiger Versprechen im Wahlkampf bisher nicht eingelöst hat: Die Bundeszuschüsse für die Aufnahme und Unterbringung von geflüchteten Menschen kommen beiden Städten und Gemeinden nicht an; hier steht das Land nicht zu seinem Wort; das Geld versickert seit Jahren in der Landeskasse. Auch die Arbeitslosenzahl wird krisenbedingt voraussichtlich steigen. Dadurch kommen neue Kosten auf die Kommunen zu: Sie werden mit den sogenannten Transferkosten belastet – also Sozialkosten, unter anderem Wohngeld. Auch hier müssen wir in Bund und Land umdenken, Kosten neu verteilen. Die Steuerpolitik muss neu aufgesetzt werden: Starke Schultern müssen mehr tragen als schwache.

Unser „Solidarpakt Zukunft“ für die Zeit nach der Krise

Jetzt geht es aber auch darum, eine Perspektive aufzuzeigen: Umfassende Konjunkturpakete im Bund und im Land NRW sind notwendig, um unsere Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft wieder in die Spur zu bringen. Die Wirtschaft ankurbeln und gleichzeitig sozial, gerecht und innovativ umbauen, das muss das Ziel sein. Wenn wir jetzt investieren, stärken wir die Nachfrage im Binnenmarkt und lokale Wirtschaftsstrukturen, an denen zahlreiche Arbeitsplätze hängen.

Die Schlüsselfrage ist: Nutzen wir die aktuelle, historische Herausforderung, um auch neue, innovative Wege in Staat und Wirtschaft zu gehen? Ich schlage daher einen „Solidarpakt Zukunft“ vor, der in die Zukunft investiert und den Menschen in NRW eine Perspektive bietet. Der „Solidarpakt Zukunft“ ist unsere Antwort auf die Herausforderungen, vor die uns nicht zuletzt die Corona-Krise stellt. Mit Industriepolitik, Kommunalfinanzen und Arbeitnehmerrechte sind wesentliche Aspekte des “Solidarpakt Zukunft” benannt, auf die sich hier vorerst beschränkt werden soll. Hinzukommen Investitionen in das Bildungssystem, in Beton und Köpfe, in die digitale Infrastruktur, in Verkehrswege und den öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Die Zeit ist reif: für einen Staat, der wieder Ausdruck eines solidarischen Gemeinwesens ist, der die gesellschaftlichen Transformationen sozial gerecht und innovativ gestaltet sowie unsere Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft krisenfester und zukunftssicher macht.

Fünf für uns notwendige Handlungsfelder:

  • Industrie und Mittelstand: Als Wirtschaftsstandort stand NRW bereits vor Corona unter Druck, jetzt beschleunigen sich Entwicklungen massiv. Um gute Arbeitsplätze mit starken Löhnen und fairen Arbeitsbedingungen zu ermöglichen, muss es darauf sozialdemokratische Antworten geben: Gute Arbeit, also sozial und gerecht und dabei ökologisch und innovativ. Die Ergebnisse der Ad-hoc Arbeitsgruppe Industriepolitik sollen hier aufgegriffen werden.
  • Die Kommunalfinanzen sind vor dem Hintergrund von Corona erneut in den Fokus gerückt worden. Einerseits zeigt sich jetzt, dass Investitionslücken – zum Beispiel marode Sanitäranlagen an Schulen, geschlossene Bibliotheken, Personalmangel in kommunalen Gesundheitsämtern – sich in der Krise doppelt rächen. Andererseits werden perspektivische Handlungsspielräume durch erneute Schulden weiter torpediert.
  • Unsere Gesundheits- und Pflegebranche werden derzeit auf eine harte Probe gestellt, insbesondere die Beschäftigten – sie tragen die Last. Unsere sozialen Sicherungssysteme bewähren sich. Es wird allerdings auch deutlich, dass es Korrekturen bedarf, beispielsweise bei den Arbeitsverhältnissen oder in den Gesundheitsämtern unserer Kommunen. Teils wurden Fragen auch durch die Krise beantwortet: Brauchen wir eine breite, flächendeckende Krankenhauslandschaft? Ja, es braucht einen starken und solidarischen Sozialstaat! Wir brauchen eine komplett neu aufgesetzte Gesundheits- und Pflegepolitik vor dem Hintergrund von COVID-19.
  • Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass digitale Bildung unter bestimmten Voraussetzungen funktionieren kann. Diese Bedingungen wollen und müssen wir definieren: Digitale Bildung muss ein Grundrecht für alle werden. Denn dass Bildung nicht vom Einkommen der Eltern abhängen darf, diese Forderung haben wir bereits im vergangenen Jahr in unserem Bildungsbeschluss gestellt. Die aktuelle Lage zeigt jedoch, dass es besonders die Kinder aus sozial schwachen Familien sind, die gerade auf der Strecke bleiben. Hier braucht es eine starke sozialdemokratische Positionierung und klare Lösungsvorschläge.
  • Kunst und Kultur, die Kreativen und die freien Medienschaffenden sowie die Kulturinstitutionen sind in besonderer Weise von der Corona-Krise betroffen. Wir sprechen bundesweit von insgesamt 260.000 Unternehmen und 1,7 Millionen Erwerbstätigen in der Kultur- und Kreativwirtschaft. Ihr Beitrag zur volkswirtschaftlichen Gesamtleistung in Deutschland betrug im Jahr 2018 rund 100,5 Milliarden Euro (Anteil am BIP: 3,0 Prozent). Damit übertrifft die Kultur- und Kreativwirtschaft in Sachen Wertschöpfung inzwischen andere wichtige Branchen wie die chemische Industrie, die Energieversorger oder aber die Finanzdienstleister. Unser Ziel muss es sein, die vielfältige Kultur- und Kreativlandschaft in NRW zu erhalten – und langfristig auf krisensichere Beine zu stellen.